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Zweiseitige Erpressung

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Die Beiruter Konferenz der internationalen ölkonzerne mit fünf erdölproduzierenden Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, die kürzlich in der libanesischen Hauptstadt tagte, einigte sich grundsätzlich über eine künftige staatliche Beteiligung der Produzentenregierungen an den Anlagen und Gewinnen der Fördergesellschaften.

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Die Beiruter Konferenz der internationalen ölkonzerne mit fünf erdölproduzierenden Ländern des Nahen und Mittleren Ostens, die kürzlich in der libanesischen Hauptstadt tagte, einigte sich grundsätzlich über eine künftige staatliche Beteiligung der Produzentenregierungen an den Anlagen und Gewinnen der Fördergesellschaften.

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Diese Staatsbeteiligungen, über die bei den vorausgegangenen Verhandlungen in San Franzisko, Er-Riad, Genf und London noch keine Einigung hatte erzielt werden können, wird von Land zu Land unterschiedlich hoch sein und zwischen 20 im Mindest- und zunächst 51 Prozent im Höchstfall liegen. In Beirut wiesen Repräsentanten der Förderländer schon jetzt darauf hin, daß die zu erwartende Einigung mit den Konzernen von ihnen lediglich als erste Stufe einer anzustrebenden völligen Übernahme der Produktion und später auch des Transportes und Absatzes ihres Erdöls und ihrer Erdölprodukte angesehen werde.

Feststeht jedoch schon heute, daß man um eine empfindliche Rohölpreiserhöhung nicht herumkommen wird, die sich auch auf die Endverbraucherpreise, unter anderem bei Fahrzeugbenzin, auswirken dürfte. Überhaupt wird der Rohölpreis in Zukunft wesentlich stärker als bisher politischen Bedingungen unterliegen.

Die europäischen Abnehmerländer, die noch immer zu rund 70 Prozent vom Rohölnachschub aus dem Vorderen Orient abhängen, haben bislang kein wirkungsvolles Gegenmittel gegen „politische“ Preiserhöhungen, mit denen die aufstrebenden jungen Staaten, besonders im Persergolfgebiet, ihren steigenden Finanzbedarf zu decken hoffen. Katastrophenstimmung ist dennoch kaum angebracht. Der Verstaatlichungstrend, der die westliche Rohölwirtschaft in steigendem Ausmaß zu grundlegenden Umstrukturierungen zwingt, hat erfahrungsgemäß nur begrenzte politische Auswirkungen. Algerien, Libyen und der Irak, die ihre Erdölförderungen bereits ganz oder teilweise nationalisierten, verbanden damit bislang keine Änderung ihrer Exportpolitik. Die Regierungen der Förderländer wissen genau, daß die Erpressung zwischen Lieferanten und Abnehmern eine gegenseitige ist, weil es für das arabische öl noch keine anderen Interessenten gibt als die Europäer.

In Beirut wird gegenwärtig Abschied genommen von den ungewöhnlich niedrigen Rohölpreisen der Vergangenheit. Die Entwicklungsländer, deren einziger Reichtum das schwarze Gold unter ihren Wüsten ist, werden die „reichen“ Autofahrer künftig stärker zur Kasse bitten. Die Fördergesellschaften selbst hatten sich trotz ihrer hinhaltenden Taktik schon seit längerem auf diese Entwicklung eingestellt. Die in Saudi-Arabien bohrende „ARAMCO“, die bedeutendste westliche Gesellschaft im Nahen Osten, akzeptierte bezeichnenderweise als erste prinzipiell die Staatsbeteiligung. Viele Gesellschaften sind zudem bereits auf ölfremde Geschäfte umgestiegen.

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