"Den alten Kontinent neu denken"

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Es braucht verlässliche Regeln, "damit die Menschen nicht unter die Räder kommen", zitierte Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer den - eben im Amt bestätigten - deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler bei der Eröffnung von "Geist & Gegenwart". Europa habe die "gute alte Regel" des redlichen Kaufmanns aufgegeben, so der VP-Politiker. Die "Ökonomisierung aller Lebensbereiche" sei gescheitert, meinte Schützenhöfer, warnte aber gleichzeitig davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Auch allen Bestrebungen nach Re-Verstaatlichung sei eine klare Absage zu erteilen.

Europa könne nicht nur ein Projekt der Vernunft sein - es gehe immer noch um nicht weniger als Friede und Freiheit, basierend auf sozialer Sicherheit. Das Modell, mit dem sich diese Ziele am besten erreichen ließen, gäbe es längst und sei aktueller denn je: die ökosoziale Marktwirtschaft.

Skeptisch bezüglich des europäischen Geschmacks zeigte sich Bernhard Pelzl, wissenschaftlicher Direktor von Joanneum Research: "Die Europäer fressen Kreide, um sich nicht positionieren zu müssen, Körner, um gesund zu bleiben - und, Reiche' um, sozialer Gerechtigkeit' willen."

Impulse für ein wieder selbstbewusster auftretendes, nicht müdes Christentum erwartete der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari vom Pfingstdialog: "Veni creator spiritus", zitierte er den alten Hymnus. Kapellari forderte eine "stärkere Besinnung auf jene Werte, die Europa trotz seiner nicht verdrängbaren Schuldgeschichte immer wieder erneuert und getragen haben". Und er plädierte dafür, trotz aller Bedenken "das Ensemble dieser Werte … mit dem Begriff, Europäische Leitkultur' zusammenzufassen".

Grenzüberschreitungen

Ganz konkret spürbar wurde etwas vom "Geschmack Europas" durch die große Zahl von Stipendiatinnen und Stipendiaten vor allem aus den südosteuropäischen Nachbarländern Österreichs, die am Symposium teilnahmen. Nicht zuletzt die langjährige Pflege von Kontakten in diesen Raum durch Vertreter der steirischen Universitäten (sie fungieren als Partner von "Geist & Gegenwart), wie etwa die an der Karl-Franzens-Universität lehrenden Juristen Josef Marko und Wolfgang Benedek, spiegelt sich darin wider. Der Rektor der Universität für Musik und darstellende Kunst, Georg Schulz, sprach von der "intekulturellen" und "interdisziplinären" Kommunikation, bei der sich Wissenschafter, Experten, Politiker und Studenten "an einen Tisch setzen und über die Zukunft des Kontinents diskutieren".

Für Blutauffrischung sorgte auch ein Team des Studiengangs Journalismus und Unternehmenskommunikation der FH Joanneum. Die angehenden Medienleute produzierten eine 24-seitige, durchaus ambitionierte Kongresszeitung unter dem Titel "Den alten Kontinent neu denken". Jeder Vortrag, jede Plenumsdiskussion, jede Arbeitsgruppe wurde da journalistisch aufbereitet. Der Drucker soll bis in die frühen Morgenstunden gelaufen sein …

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