Digital Europe - © Rainer Messerklinger

Veni creator spiritus digitalis

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Beim achten Pfingstdialog „Geist und Gegenwart“ auf Schloss Seggau stand heuer „Das digitale Europa“ im Fokus. Zwischen Skepsis und Euphorie dominierte der pragmatische Optimismus. Zudem ging es um die Frage nach der Zukunft Europas zwischen den USA und Fernost.

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Beim achten Pfingstdialog „Geist und Gegenwart“ auf Schloss Seggau stand heuer „Das digitale Europa“ im Fokus. Zwischen Skepsis und Euphorie dominierte der pragmatische Optimismus. Zudem ging es um die Frage nach der Zukunft Europas zwischen den USA und Fernost.

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Lassen sich Pfingsten, das dritthöchste christliche Fest, und jene Umbrüche, die wir mit dem Begriff „Digitalisierung“ nur unscharf umreißen, zusammendenken? Doch, meinte der Superintendent der steirischen Evangelischen Kirche Wolfgang Rehner in seinem Statement zur Eröffnung des Pfingstdialogs „Geist & Gegenwart“ – beide hätten mit materiell nicht Greifbarem, sich unserer Vorstellungskraft Entziehendem zu tun.

Die von Land, Diözese und Club Alpbach Steiermark getragene, seit 2005 zweijährlich stattfindende Veranstaltung ist von Beginn an dem Projekt Europa in seiner ganzen Vielfältigkeit gewidmet. Heuer stand – wenig überraschend – „Das digitale Europa“ als Generalthema über den Vorträgen und Diskussionen auf Schloss Seggau, dem einstigen Sitz der Seckauer Bischöfe.

Wie jene schöpferische Kraft, die Christen den „Heiligen Geist“ nennen, so sei auch die digitale Welt etwas im Wortsinn Unfassbares, gleichwohl sehr Reales, Erlebbares, so Rehner. Er sprach aber auch eine unverzichtbare Dimension an, welche gerade im Zeichen der Digitalisierung nicht verloren gehen dürfe: jene der individuellen Verantwortung.

Analoge Werte für die digitale Welt

Damit war ein wesentliches Thema der Foren und Debatten angeschlagen: Ohne die im positiven Sinne überkommenen Werte, die Formen und Regeln des menschlichen Miteinanders werden wir in der digitalen Welt nicht bestehen können. Es gehe letztlich um das christlich geprägte Wertesystem, durch das wir wurden, was wir sind: So formulierte es die IT-Expertin und WU-Professorin Sarah Spiekermann-Hoff. In dasselbe Horn stieß Ars-Electronica-Leiter Gerfried Stocker: Er plädierte für einen europäischen Datenhumanismus jenseits des US-Datenkapitalismus und des asiatischen (chinesischen) Datentotalitarismus. Die alte Idee eines europäischen Modells als eines dritten Weges also, neu gefasst für das digitale Zeitalter.

Nicht alle freilich waren hinsichtlich dieses europäischen Weges so optimistisch. Ex-Magna-Chef Siegfried Wolf etwa verwendete das Bild einer Wurstsemmel, um das Problem zu illustrieren: Die europäische Wurst zwischen der US-amerikanischen und der chinesischen Semmelhälfte werde immer weniger. Eine enorme Kraftanstrengung, insbesondere im Bereich Bildung, sei unumgänglich. Und: Die Europäische Union müsste man, wenn es sie nicht schon gäbe, gerade jetzt erfinden, so Wolf.
Ähnlich argumentierte der frühere IV-Generalsekretär, heute Generaldirektor von „Business Europe“ in Brüssel, Markus Beyrer: Es gebe in Europa „nur kleine Länder und solche, die nicht begriffen haben, dass sie klein sind“. Die europäische Zusammenarbeit sei daher unumgänglich, „Weltpolitikfähigkeit“ ein Desiderat für die EU. Zu denken müsste geben, dass unter den Top-15-Unternehmen der Welt kein einziges europäisches rangiere. Auch Beyrer sah eine unerfreuliche Position Europas zwischen den USA und China. Die transatlantische Achse sei angeknackst, sowohl die USA als auch China seien bestrebt, Europa auseinanderzudividieren und sich einzelne, leichter unter Druck zu setzende Länder als Partner zu suchen.

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