Den Bulldozern, die vor einiger Zeit in der sowjetischen Hauptstadt gegen eine improvisierte, nicht genehmigte Kunstausstellung unter freiem Himmel vorgegangefc sind, folgten Schalmeientöne, folgte die Erlaubnis, auf einem abgelegeneren Grundstück auszustellen. Dieser Erlaubnis aber folgte kürzlich wiederum die Verhaftung eines nicht genehmen Künstlers, der seine Bilder nicht nur hergezeigt, sondern dabei auch nicht genehme Gespräche mit den Betrachtern geführt hatte. Zuckerbrot und Peitsche für Dissidenten — das Zuckerbrot der Freiheit in winzigen, die Peitsche der Unterdrückung in
„Pjotr Grigorjewitsch, haben Sie Ihre Überzeugung geändert?“ „Überzeugungen sind keine Handschuhe; man kann sie nicht einfach wechseln!“ „Die Behandlung wird fortgesetzt.“ Gespräch zwischen dem dissidenten General Grigorenko und einem KGB-„Psychiater“ in der Irrenanstalt Tschernjachowsk.
Ein italienischer Geschäftsmann, der 'mit dem Transsibirischen Expreß von Moskau über Irkutsk nach Chabarowsk fuhr, berichtete kürzlich, daß er entlang der Eisenbahnstrecke zahlreiche Radaranlagen gesehen hat und in Chabarowsk alle Reisenden den Zug verlassen mußten. Den Raum Chabarowsk durfte man nur mit einem militärischen Passierschein betreten.Ein britischer Universitätsprofessor, der kürzlich China besuchte, erzählte, daß die Schultaschen der kleinen Kinder mit chinesischen Soldaten bemalt sind, die auf dem Eis des Flusses Ussuri gegen die Rüssen gekämpft hatten. Er gelangte
Zwischen Mitte Juni und Mitte August 1963 führte die schleichende russisch-chinesische Krise zu jener irreparablen ideologisch-politischen Explosion, durch welche die Illusion von der Einheit des Weltkommunis-mus zerstört wurde. Dieses bedenkliche Jubiläum wurde wissentlich sowohl in Moskau als auch in Peking ignoriert. In der Polemik war bisher interessanterweise das militärisch schwächere Rotchina initiativer und aggressiver. Die Russen arbeiteten weniger spektakulär, eher hinter den Kulissen. So empfing Breschnjew in Washington die Führer der amerikanischen KP, stellte ihnen den
Nach sechsjähriger Hortung hat Moskau im Jahre 1972 wieder mit dem Goldverkauf im Westen begonnen. Getreidemißernten in den Jahren 1963, 1965 und 1972 zwangen den Kreml, mit dem „kapitalistischen" Ausland Ankaufsverträge im Gesamtwert von 1,8 Milliarden Dollar abzuschließen, zu deren Abwicklung die notwendigen harten Währungen jedoch nicht zur Verfügung standen. Die Zahlungsbilanz konnte nur dadurch ausbalanciert werden, daß entsprechende Mengen von Gold, Platin, Palladium, Nickel und Diamanten, eventuell auch von Silber, auf westlichen Märkten abgesetzt werden. Die
Fachleute und Presse rätseln seit Wochen in Ost und West an der sowjetischen Getreidemisere herum, ohne darüber präzise Daten und Zahlen mitteilen zu können. Die nüchterne Wahrheit ist aus einer Studie des Präsidenten der Lenin-Landwirtschaftsakademie, Professor Pawel Lobanow, zu erfahren, der unter Stalin von 1946 bis 1953 Erster' Stellvertretender Landwirtschaftsminister der UdSSR war. Es ist die einzige sowjetische Quelle, aus der man heuer ohne Schönfärberei etwas über den Getreidemangel erfahren kann. Lobanow gibt an, daß die diesjährige Produktion 167 bis 167,5 Millionen Tonnen ausmache. Dies dürfte dem Durchschnitt der vergangenen sechs' Jahre entsprechen.
Seit Anfang dieses Jahres demonstriert Sowjeteuropa nicht nur seine volle politische Solidarität mit Nordvietnäm, sondern zahlreiche polnische, ungarische und tschechoslowakische, ja sogar rumänische, und vor allem sowjetische Delegationen verhandelten in Hanoi über Erhöhung und rasche Intensivierung || der moralischen, militärischen und wirtschaftlichen Unterstützung des kleinen kriegführenden südostasiatischen Landes. Nur die Blinden sehen es nicht, daß:,diese. Krieg ßiSStefc Linie ein indirekter Krieg Rußlands gegen die Vereiirigten^taateri“ geworden ist. Paradox ist dabei, daß parallel mit der Sowjetisie-rung des Vietnamkriegs Pekings Beziehungen zu Nordvietnam sichtlich lockerer geworden sind.
Der viertägige Moskaubesuch des chilenischen Außenministers Almeyda bildete den wirtschaftspolitischen Höhepunkt seiner einmonatigen osteuropäischen Werbetour. Nach der Verhandlung mit Ministerpräsident Kossygin sprach Almeyda von einem „neuen Stand in den Beziehungen zwischen der UdSSR und Chile“. Mit anderen Worten: „Die Sowjetregierung versteht und unterstützt die chilenische Regierung der Volkseinheit und ihr Programm.“
Mehr als vier Monate nach seiner Ernennung zum chinesischen Botschafter für die UdSSR, traf Liu Hsin-chuan endlich in Moskau ein. Wer ist Maos Mann in Moskau? Warum war seine Ernennung sogar in China eine Überraschung? …
Für seine 108.000 Quadratkilometer Land zwischen Oder und Elbe ist Walter Ulbricht zum — vielleicht letzten? — Gefecht angetreten. Es geht dem Achtundsnebzigjährigen darum, seine Demokratische Republik endgültig in der Landkarte Europas ziu verankern. Denn nach der Budapester Parteikonferenz (Ulbricht ließ sich krankheitshalber entschuldigen) und nach einer Rede des sowjetischen Parteichefs Breschnjew in Armenien läuten die Alarmanlagen in Pankow: Sind die braven Freunde der SED in Moskau und Warschau, in Budapest und selbst in Prag daran, ein Arrangement mit Westdeutschland zu
Ein autorisierter Sprecher der Palästinensischen Volksdemokratischen Front für die Befreiung Palästinas (PDFLP) erklärte am 30. August in Amman: „Ich bin ermächtigt, die Anwesenheit chinesischer Ratgeber in Jordanien zu dementieren, die palästinensische Guerillas ausbilden sollen. Es gibt jedoch einige chinesische Experten bei den Guerillas außerhalb Jordaniens.“ Ihre Rolle ist nicht so dramatisch, wie es tönt. Wichtiger sind die gelben Waffenlieferungen.Der frühere oberste Verbindungsoffizier der Palästinensischen Befreiungsorganisationen (PLO) erklärte, daß „seit dem ersten
Kürzlich fanden Neuwahlen für den Obersten Sowjet bzw. dessen zwei Kammern, den Rat der Union und den Rat der Nationalitäten, in Moskau statt. Es wurden insgesamt 1517 Abgeordnete, und zwar 767 für den Rat der Union und 750 für den Rat der Nationalitäten, gewählt. Laut amtlicher Statistik sind 31,7 Prozent Arbeiter und 18,6 Prozent Kolchosbauern darunter, die zusammen 50,3 Prozent repräsentieren. 72,3 Prozent der Gewählten sind Mitglieder oder Kandidaten der KPdSU, die übrigen 27,7 Prozent sind „parteilos“. 18,5 Prozent der Abgeordneten, d. h. 281 Personen, sind jünger als 30 Jahre, und von einem anderen Gesichtspunkt betrachtet: 30,5 Prozent sind Frauen.
Ostauguren prophezeien schon lange, daß Ministerpräsident A. N. Kossygin resignieren will (oder muß?). Mit dem letzten Stichtag — 14. Juni: Wahlen für den Obersten Sowjet — stimmte es wieder nicht. Die Kombinationen um Kossygin kreisen im Kreml um drei Möglichkeiten.
Die sowjetischen Verantwortlichen pflegen, wenn man sie wegen der diskriminierenden Judenpolitik des Kremls befragt, die Auskunft zu geben, man habe zwischen der Moskauer Haltung gegenüber den Juden und jener gegenüber den „Zionisten“ zu unterscheiden: Die UdSSR wende sich nur gegen den „Imperialismus“ des Staates Israel, nicht gegen die Juden als Volk oder als Religionsgemeinschaft. In einer Hinsicht sind die Juden jedenfalls mit allen anderen Sowjetvölkern gleichberechtigt: Auswanderung ist ihnen verwehrt. Vor wenigen Tagen kam es zu einem Verzweiflungsakt Zwölf Sowjetbürger, unter ihnen mehrere Juden, sollen versucht haben, eine von Leningrad nach Karelien abfliegende Maschine zu kapern.
Moskaus Parteizar Breschnjew räumt mit eisernem Besen in den Chefzimmern der Presse, des Radios und des Fernsehens, beim Agitprop, kurzum in den Reihen seiner „ideologischen Wachhunde“ energisch auf. Es wurden bereits solche Kapazitäten in die kalte Wüste geschickt wie Nikolai A. Mikhajlow, Aleksej W. Romanow und Nikolai N. Mesjatsew. Dabei handelt es sich um drei notorische „Hard-liners“. Sie standen bis vor kurzem an der Spitze des Staatlichen Pressekomitees, des Staatlichen Filmkomitees und des Staatskomitees für Film und Television! In höchsten Parteikreisen verlautete von
Wenn auch Paris ein Abkommen mit Moskau unterzeichnet, was anzunehmen ist, werden nach 1978 jährlich nicht weniger als 12,5 Milliarden cbm Sowjetgas Westeuropa, das heißt Italien, Österreich, Frankreich und die Bundesrepublik, überfluten. Dafür wird die Sowjetunion in Kompensation jährlich Maschinen-industrieprodukte im Wert von 375 Millionen Dollar erhalten.Mit Rom hat Moskau bereits die größte Außenhandelsabmachung aller Zeiten getroffen, deren Gesamtwert in zwanzig Jahren drei bis vier Milliarden Dollar betragen wird. Die staatseigene ölgesellschaft Ente Nazionale Idrocarburi,
Die Wintersession des Präsidiums des Obersten Sowjets begann am 16. Dezember 1969. Um den Beratungen einen „demokratischeren“ Charakter zu verleihen, wurden die Planziele für das kommende Jahr und die siebziger Jahre breiter erörtert, die Öffentlichkeit jedoch nach dem Referat des höchsten Planungschefs, Bajbakow, mit relativen Zahlen abgespeist, die man manipulieren kann, wie man will, ohne Widerspruch zu ernten. Es überraschte die Wirtschaftsexperten, daß diesmal kräftig zurückgesteckt wurde und die früheren Planziele herabgesetzt wurden. Man ist jedenfalls realistischer
Seit November 1969 ist ein großes Revirement auf den höchsten sowjetischen Kommandoposten im Gange, das größte Aufmerksamkeit verdient. Man kann es derzeit noch nicht bestimmt sagen, ob der große Personalaustausch schon beendet ist oder noch weitere Ablösungen folgen werden. Was bisher geschah, ist eine internationale militärische Sensation ersten Ranges, weil davon die wichtigsten Distriktkommandos in Osteuropa und imFernenOsten berührt worden sind. Mit einem Sammelbegriff könnte der ganze Vorgang als eine Verjüngung der Sowjetgeneralität bezeichnet werden, in deren Verlauf die besten jungen „Kampfgeneräle“ mit den wichtigsten Kommandoaufgaben betraut wurden.
Das sowjetische Ministerium für die Flugzeugindustrie hat angeordnet, däß dieser Industriezweig, gleich anderen Branchen der Schwer- und Waffenindustrie, bis 1970 die Konsumgüterproduktion im Vergleich mit 1966 um nicht weniger als 70 Prozent erhöhen muß. Dadurch soll nicht nur die zivile Konsumgüterversorgung verbessert werden, sondern auch die zur Zeit brachliegende Kapazität der Flugzeugindustrie durch Steigerung der profitablen Arbeit aufrechterhalten bleiben.Die Umstellung bringt natürlich etliche Probleme der Umorganisierung mit sich und erfordert eine Ergänzung des
Daß es eine schleichende politisch- ideologische Gärung im sowjetischen Offizierskorps gibt, beweisen neulich die Verhaftungen mehrerer U-Boot- Offiziere bei der Baltischen nuklearen U-Boot-Flotte. Die ersten Signale eines Widerstandes waren schon im Jahre 1963, während Chruschtschows Tauwetter, zu vernehmen, als der hohe GRU-Offizier, Oberst Oleg Penkowskij, als entlarvter „westlicher Spion“ liquidiert wurde. Tiefe Risse und Brüche wurden gerade im gehüteten, verhätschelten Nachrichtendienst, in dieser Eliteformationder Sowjetoffimenskorps, deutlich sichtbar. Man sprach offiziell
Der transferierbare Rubel, der prinzipiell am 1. Jänner 1964 gleichzeitig mit der Gründung der „Bank für Internationale Wirtschaftszusammenarbeit“ — gewöhnlich „Comecon-Bank“ genannt — ins Leben gerufen wurde, ist bis heute nichts mehr als eine Buchführungseinheit geblieben, die bei Comecon-Handelstätigkeit gebraucht wird. Die ersehnte Multilateralität wurde in Osteuropa nicht verwirklicht Die Comecon-Mitglieder sind gezwungen, ihren Außenhandel auf bilateraler Basis in Balance zu halten und abzuwickeln. In vielen Fällen handelt es sich sogar nur um einen primitiven
Über die friedlichen Absichten von „Sojus 6, 7 und 8“ lassen die Sowjets keinen Zweifel aufkommen; das Großkommando im Raum soll schon demnächst mehr Wissenswertes zur Erde funken, als die Kurzbesuche der Astronauten mit dem Sternenbanner am Revers oder dem Sowjetstern an der dicken Schutzjacke vermitteln konnten. Denn der wissenschaftlich wertvollste Raumflug der Russen dient dem „fliegenden Laboratorium“, das schon 1972 Wirklichkeit werden könnte.Und doch ist die auch .in der Sowjetunion selbst stets mit einer Aura des Geheimnisvollen umgebene Raumfahrt Anlaß von
„Ein Jammerschrei ertönt in der russischen Kirche. Mit diesen Worten charakterisierten die beiden orthodoxen Priester Eschliman und Jakunin schon 1965 eine fast ausweglose Situation, als sie an ihren Patriarchen Alexij einen offenen Brief schrieben, der seine Runde durch das ganze Land machte und als eines der mutigsten Dokumente in die neuere Kirchengeschichte eingehen wird. Damals freilich, 1965, hoffte man nach Chruschtschows Sturz auf eine entscheidende Wendung zum Besseren. Damals gaben Eschliman und Jakunin aber auch eine Darstellung des eigentlichen Dilemmas, in dem sich die Christenheit der Orthodoxie in der Sowjetunion befindet: „In dieser Zeit schwerer Prüfungen wandten sich die Herzen der Gläubigen in der Hoffnung auf Hilfe an ihre Hirten; denn diese sollten für ihre Schafe eintreten, um sie vor Plünderung zu schützen. Eine Flut von Beschwerden und Eingaben, unterschrieben von Tausenden von Orthodoxen, ergoß sich über die Eparchialbischöfe .und die Leitung des Moskauer Patriarchats ..., aber alle Hoffnungen waren umsonst! In den bischöflichen Büros empfing man die Fürsprecher des kirchlichen Kummers mit höflicher Gleichgültigkeit und kühler Herzlosigkeit wie lästige Bittsteller..., zehn tausende geschlossene Kirchen und Dutzende von geschlossenen Klöstern beweisen, daß das Moskauer Patriarchat seine Pflicht vor Christus und vor der Russischen Kirche nicht erfüllt hat; denn die Atheisten konnten die Kirchen nur schließen, weil sie des Schweigens der höchsten Kirchenleitung sicher waren...“
Zwei Zahlen sind instruktiv-charakteristisch: Die Steigerung des sowjetischen Zivilluftverkehrs erreichte in den letzten sechs Jahren mehr als 300 Prozent, und bereits im Jahre 1967 wurden mehr als 42 Millionen inländische Fluggäste registriert.Auch der Flugzeugbau erfuhr einen nie geahnten Aufschwung in den vergangenen 15 bis 17 Jahren, dank der konkurrenzlosen Monopolstellung dieses Industriezweiges im COMECON-Europa. Man hegt weitere hochfliegende Entwicklungspläne und möchte die USA im raschen Ausbau des Überschalluft-verkehrs überflügeln. Die entsprechende Transportflotte soll im
Vor mehr als 19 Jahren, am 10. Dezember 1948, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Universale Deklaration der Menschenrechte“ einstimmig angenommen, die von der UNO als ein „historisches Dokument“ proklamiert wurde. Demnach sollte die reibungslose Ausführung und ein gemeinsamer Leistungsstandard für alle Völker und Individuen sowie Gesellschaftsorgane ohne nationale, rassische und religiöse Unterschiede geschaffen werden, damit die Grundrechte des Menschen: Politische Rechte, Gleichheit vor dem Gesetz, Bewegungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, Gewissens-