Werbung
Werbung
Werbung

Von den Chinesen entwickelt ist die Technik der Papiererzeugung über den arabischen Kulturraum nach Europa gelangt.

Papier - welche Vielfalt der Verwendungen! Es dient zum Schreiben, zum Trocknen, zum Verpacken, zum Schnäuzen, zum Abwischen ... Man tapeziert damit Wände, bindet es zu dicken Büchern oder fabriziert daraus Drachen, die im Herbstwind steigen. Dieses moderne Massenprodukt hat eine 2000 Jahre alte Geschichte, die in China in ihren Anfang nahm, eine Geschichte übrigens, die eng verknüpft ist mit der Verbreitung von Ideen und Religionen.

Redaktionelle Gestaltung:

Christof Gaspari und Otto Friedrich

Wichtige Informationen zu übermitteln und in Form von Geschichten, Erfahrungen, Regulierungen bildlich oder schriftlich festzuhalten, ist ein uraltes Bestreben des Menschen. Die ältesten Felsmalereien werden auf 13.000 vor Christus datiert. Um Zeichen und Bilder festzuhalten, wurden im Gefolge unterschiedlichste Materialien verwendet: Stein, Holz, Ton, Metall, Wachs - oder Panzer von Schildkröten, um nur einiges zu nennen.

Besondere Bedeutung kam über Jahrtausende hinweg dem Papyrus und dem Pergament zu. Beide können als Vorläufer des Papiers angesehen werden. In Ägypten lässt sich Papyrus als Beschreibstoff für den Beginn des dritten vorchristlichen Jahrtausends nachweisen. Sein Ausgangsmaterial war ein Schilfgras, das im tropischen Afrika und im Mittelmeerraum wächst und armdicke, vier bis fünf Meter hohe Stengel hervorbringt. In dünne Streifen geschnitten, wurden sie durch Schlagen und Pressen verfestigt, zu Blättern geformt und getrocknet. Zusammengeklebt zu langen Rollen, wurden sie dann als Informationsträger verwendet.

Pergament war die Alternative zum Papyrus: Häute von Kälbern, Rindern, Schafen wurden gebeizt, gereinigt und aufgespannt. Nach dem Trocknen und sorgfältiger Oberflächenbearbeitung ließen sie sich beidseitig beschreiben. Pergament war haltbarer und biegsamer als Papyrus und wurde daher gern für religiöse Schriften verwendet. Erst gegen Ende des Mittelalters wurde es in Europa vom viel billigeren Papier verdrängt.

Aus alten Fischernetzen

Dessen bis heute im Grunde unverändert gebliebene Technik wurde in China entwickelt. Man kann sie folgendermaßen kennzeichnen: Fasern unterschiedlicher Pflanzenarten werden durch Zerstampfen und Kochen aufbereitet, mit Wasser versetzt zu einem dünnen Brei verarbeitet. Dieser wird über einem Sieb entwässert. Dabei verfilzen sich die Fasern und bilden ein Papierblatt, das abgehoben, gepresst und getrocknet wird. Für die Papiererzeugung wurde zunächst Hanf verwendet, später auch Fasern des Maulbeerbasts, Stofffetzen oder alte Fischernetze. Das älteste Hanfpapier fand man in chinesischen Gräbern aus dem Zeitraum 180 bis 50 vor Christus.

Das Vorhandensein dieses relativ billigen Schriftträgers kam der Verbreitung des Buddhismus in China ab dem dritten nachchristlichen Jahrhundert sehr zu Gute: Heilige Texte und Buddha-Bilder in Stein graviert oder in Holz geschnitzt und auf Tausende Papierblätter übertragen, wurden so in den Dienst der Mission gestellt. Man könnte fast von einer "Massenproduktion" sprechen. Nachfrage nach Papier entwickelte aber auch die in China äußerst zentralisierte und stark entwickelte Bürokratie.

Zunächst war die Papierherstellung eine streng gehütete Kunst. Ab dem sechsten Jahrhundert ist sie jedoch auch in Korea und bald darauf in Japan nachgewiesen. Dort werden auch neue Materialien bei der Erzeugung eingesetzt (Reisstroh, Seetang). Auc in Japan steht das Florieren der Papiererzeugung mit der Verbreitung der heiligen Schriften Buddhas in Verbindung.

Schon in dieser frühen Phase dient Papier jedoch nicht nur als Informationsträger. Es liegen Berichte vor, dass es auch als Toilettepapier oder zur Herstellung von Kleidung, ja sogar von Rüstungen (dank besonderer Bearbeitung konnten sie Pfeile abfangen) verwendet wurde.

Ein entscheidender Schritt in der Erfolgsstory des Papiers ist sein Eindringen in den arabischen Raum. Im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen mit den Chinesen nahmen die Araber im Jahr 751 Samarkand ein. Unter den Kriegsgefangenen befanden sich auch chinesische Papiermacher, die den Siegern ihr Wissen preisgaben.

Im Gefolge kam es zu einem Siegeszug des Papiers in der islamischen Welt. Bald wurde es in Bagdad, Damaskus, Kairo, Tripolis hergestellt. Nach der Jahrtausendwende brachten die Mauren die Papiererzeugung auch nach Spanien. Es dauerte nicht lange und Papier ersetzte den bis dahin in der Verwaltung verwendeten Papyrus. Seine Beschreibbarkeit wurde nun dadurch verbessert, dass die Papierbögen beidseitig mit pflanzlicher Stärke versehen wurden. Der begeisterte Empfang, den die Muslime dem Papier bereiteten, steht auch in Beziehung zur dynamischen Verbreitung des Islams und des Koran. Die Entfaltung von Schreibkultur, Schulwesen und Literatur im islamischen Raum ist wesentlich der Verfügbarkeit von Papier zu verdanken.

Boom durch den Buchdruck

In Europa wird in dieser Periode Papier höchstens als teure Importware aus Damaskus verwendet. Pergament ist der bevorzugte Schriftträger. Ausgangspunkt der europäischen Papiererzeugung ist schließlich Spanien. Über Italien und Frankreich gelangt die Kunst der Papierfertigung nach Mitteleuropa, wo es in die Schreibstuben von Klöstern und Städten Einzug hielt. 1321 kommt es zur Gründung der ersten österreichischen Papiermühle in Leesdorf bei Baden.

Die Erfindung des Buchdrucks brachte schließlich den endgültigen Durchbruch des Papiers zum Informationsträger schlechthin. Bücher und Zeitschriften wurden auf Papier gedruckt, bildliche Darstellungen verbreitet. Auch in dieser dritten Periode steht die Expansion der Papiererzeugung im Zeichen einer religiösen Mission: der Reformation und ihres Bestrebens, die in die Landessprache übersetzte Bibel zu verbreiten.

Der stark expandierende Handel entwickelte für Papier - Jahrhunderte lang wird es vorwiegend aus Hadern und handwerklich erzeugt - laufend neue Verwendungen: Aus hochwertigen Papiersorten werden Urkunden, Verträge, Geldscheine gefertigt, aus billigen Verpackung. Ausgehend von England setzte schließlich im 19. Jahrhundert die industrielle Massenproduktion von Papier ein. Auch wenn es ab da eine Unzahl technischer Neuerungen gibt, bleibt sein Herstellungsverfahren dennoch in seinen Grundzügen unverändert (siehe Seite 15).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung