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Guter Klang und starre Grenzen

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• Auf langer Sicht droht die uneichende Zusammenarbeit zwi-ichen Wien und Niederösterreich zur Stillegung der Badner Bahn zu füllen. Vor Jahren wurde sowohl vom ferkehrsministerium als auch vom Liener Rathaus her angeregt, die Badner Bahn — unter teilweiser Zerlegung der Trasse — zur Schnell->ahn auszubauen. Dieser Vorschlag and in Niederösterreich wenig lesonanz. 1978 fällt die Konzession ier Badner Lokalbahn (ein der Jemeinde Wien gehörendes Unter-lehmen) an den Bund zurück. „Wir werden um keine Konzessionsver-ängerung ansuchen, solange das Defizit von jährlich 1,5 bis 2 Mil-ionen Schilling zur Gänze von Wien ind vom Bund, jedoch überhaupt licht von Niederösterreich gedeckt vird“, erklärt man dazu im Wiener itathaus. Dabei ließen sich immer

liehen — vorausgesetzt allerdings, dal! diesmal Niederösterreich dafür initiativ wird. (Der Wiener Standpunkt: „Ein zweites Mal wollen wir uns keine kalten Füße holen.“)

• Sogar relativ kleine Projekte, wie etwa der Bau einer Bahnunterführung im Zuge der Simmeringer Hauptstraße, scheitern an mangeln- , der Koordination zwischen Wien und , Niederösterreich: Weil die den • Straßenverkehr hemmende Bahn- , kreuzung just an der Grenze beider Bundesländer liegt, kann man ihr . ruhigen, aber keineswegs beruhigten Gewissens ein „langes Leben“ voraussagen.

Das „gestörte Verhältnis“ zwischen Wien und seinem Umland wirkt vollends anachronistisch, wenn man es vor dem Hintergrund der Chan- ! cen Wiens im internationalen Maßstab betrachtet.

Im gleichen Maß, in dem die weltpolitische Entwicklung den „Eisernen Vorhang“ zum wohlverdienten Verfall verurteilt, steigen Wiens Chancen auf Reaktivierung seiner in vielen Jahrhunderten begründeten Anziehungskraft aoif den gesamtein Donauraum. Der Name „Wien“ hat — ungeachtet der Ereignisse des letzten halben Jahrhunderts — zwischen Prag und Budapest, zwischen Krakau und Zagreb seinen einstigen guten Klang behalten. Nicht zuletzt die Entwicklung des Touristenverkehrs aus den Ostblockstaaten beweist, daß jahrzehntelang zwangsläufig platonisch gebliebene Sympathien nunmehr au praktischen Ergebnissen führen können. Der Bund ebenso wie Wien scheinen beredt, die latenten Chancen der Bundeshauptstadt auf internationalem Gebiet zu nutzen. Wien als Kongreßstadt hat sich bereits bewährt; die Bewährung Wiens als Sitz internationaler Organisationen wird angestrebt oder steht bereits — etwa im Falle der UNIDO — knapp bevor. Das jahrelang erträumte „Europakonzept“ für Wien ließe sich nun realisieren: Wien als Brücke zwischen Ost Und West, Wien als Stadt der Begegnung, Wien zusammen mit Paris \ind wahrscheinlich dereinst auch zusammen mit Prag als eines der künftigen Zentren eines zusammenfindenden Europas.

Eines allerdings dürfte klar sein: Diese im Interesse Österreichs angestrebte und vorläufig auch erreichbare Rolle kann Wien nur spielen, wenn es bei seinem Vorstoß an die Grenzen Europas zunächst seine durch provinzielle Kurzsichtigkeit blockierten Grenzen von Schwechat und Perchtoldsdorf, vor Klosterneuburg und Purkersdorf überwindet.

Daß die provinzielle Kurzsichtigkeit sowohl in Niederösterreich wie auch in Wien prominente Verfechter hat, darüber kann leider kein Zweifel bestehen — ebensowenig wie daran, daß die Überwindung dieses Provinzialismus nicht nur für Wien, sondern auch für Niederösterreich zur geworden lst.

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