Bleiben wir auf den Schulden sitzen?

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Es gibt eine Entspannung in der Krise. Während vor drei Monaten kein einziger Frühindikator nach oben zeigte, gibt es jetzt kaum ein Land, wo nicht ein Hoffnungsschimmer gemeldet wird. Entwarnung nein, denn die Produktion sinkt noch und die Arbeitslosigkeit wird dies tun, bis das Wachstum wieder nahe 2 Prozent liegt. Und das zeigt keine Prognose, auch nicht für 2010.

Die Erholung wird flach und ruppig. Es gibt Spätfolgen der Krise. Sie wälzt sich von großen Unternehmen zu kleinen, von Exporteuren zu Dienstleistern. Die Kredite bleiben teuer, die Banken zögern, sie wollen hohe Risikospannen.

Eines zeigt sich aus der Krise der 30er Jahre: Der Staat darf noch nicht seine schützende Hand wegnehmen, ohne sie würde die Wirtschaft nochmals schrumpfen. Dennoch scharren manche Ökonomen schon in ihren Startlöchern, der eine oder andere Geldpolitiker wünscht sich wieder positive Zinssätze, andere fordern schon für heuer oder 2010 das Rückfahren der Defizite oder Steuererhöhungen.

Drei Element der Strategie

Die Situation erfordert eine Dreifachstrategie: mindestens noch ein Jahr niedrige Zinssätze, expansive Geldzufuhr und Defizite. Die wirtschaftspolitischen Eingriffe sollten stärker ausgerichtet sein auf das nach der Krise Notwendige: mehr thermische Sanierung, mehr Weiterbildung mit Kurzarbeit verbinden, mehr Kinderbetreuungsplätze. Dafür könnte man die Hälfte der Steuerbefreiungen für Überstunden streichen (gleichzeitig Überstunden und Kurzarbeit zu fördern, ist ineffizient) oder den anachronistischen Alleinverdienerabsetzbetrag für Kinderlose. Und die großen Reformen einleiten: Verwaltungsreform, Bund-Länder-Kompetenzen im Schulwesen, bei Förderungen etc. Solche Reformen kosten ohnehin am Anfang mehr Geld, ihr Ertrag kommt erst in Jahren.

Sanierung kann gelingen

Ist es aussichtslos, ohne Steuererhöhungen auszukommen? Der Realist sagt Nein. Der Optimist sagt Ja. Der Pragmatiker sagt, man soll es zumindest versuchen. Es gibt drei große Sanierungen in Europa: In Belgien sank die Staatsverschuldung von 132 % der Wirtschaftsleistung (1994) auf 84 % (2007), die Abgabenquote lag sowohl 1994 als auch 2007 bei 44 %. In Irland sank die Staatsschuld von 94 % (1993) auf 25 % (2006), die Abgabenquote fiel von 35 % auf 32 %. In Schweden sank die Verschuldung von 72 % (1994) auf 38 % (2008), die Abgabenquote wurde ebenfalls leicht reduziert (von 48 % auf 46 %).

Es ist möglich, die Staatsschuld zurückzuführen und die Abgabenquote zu stabilisieren. Nötig sind Entschlossenheit, langer Atem und etwas Glück. Wenn die Abgabenquote wie in Österreich höher ist als in Westeuropa (und noch höher als in Osteuropa, den USA, der Schweiz), dann sollten kostensparende Reformen versucht werden. Die beste Hilfe ist eine wachstums- und arbeitsplatzerhöhende, strategische Wirtschaftspolitik.

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