Großvater Merlin erzählt von "King Arthur"

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Auf einen Blick in einen Opernführer kann man getrost verzichten. Was darin über dieses Werk verzeichnet ist, entspricht gewiss nicht dem, was man auf der Bühne des Theaters an der Wien serviert bekommt. Denn der Regisseur -diesmal gleich zwei: Sven-Eric Bechtolf und Julian Crouch, der auch für die mit Commedia-dell'arte-Anklängen bunt gespickte Bühne verantwortlich zeichnet -haben sich für Henry Purcells "King Arthur" eine Rahmenhandlung ausgedacht, welche die Geschichte von der mittelalterlichen Historie in die jüngere Vergangenheit führt. Warum? Weil beide offensichtlich davon überzeugt sind, dass nur wenige mit den Anfängen der britischen Geschichte, um die sich dieses Werk dreht, so vertraut sind, um dieser fünfaktigen "Semiopera" ohne Weiteres folgen zu können. So schildern sie, wie ein Großvater seinem Enkel ein Buch schenkt und ihm daraus die Geschichte von King Arthur vorliest. Dabei wird dieser mit dem Schicksal seines im Zweiten Weltkrieg gefallenen Vaters konfrontiert und gleichzeitig animiert, sich selbst in künftige kriegerische Auseinandersetzungen einzubringen.

Die Brücke zum Original wird dadurch hergestellt, dass in der Traumwelt des naiven Achtjährigen der Großvater zu Merlin mutiert, die blinde Emmeline zur Mutter des Jungen, der Sachsenkönig Oswald zu deren neuem Mann und der gefallene Vater - wie sollte es in einer solchen Umdeutung auch anders sein -zur Titelfigur, King Arthur, der sich am Ende selbst aufbahrt. Ein ironisch gedachtes, tatsächlich aber den Krieg verherrlichendes Finale. Wie überhaupt der Teil nach der Pause mit unnötigen, teilweise niveaulosen Pointen überfrachtet ist. Erstmals gezeigt wurde die Produktion 2017 an der Berliner Staatsoper, dirigiert von René Jacobs, der diese musikalische Neufassung zusammengestellt hat.

In Wien dirigiert Stefan Gottfried, der seinen Concentus Musicus nicht immer mit der nötigen Verve durch die Partitur führt, womit der Abend sich ziemlich in die Länge zieht. Gewohnt präsent der Arnold Schoenberg Chor. Nur durchschnittlich die mit Glanz ziemlich sparsam umgehende, zuweilen an die Grenze ihrer Möglichkeiten stoßende Sängerbesetzung. Ob man es beim nächstes Mal nicht doch mit dem Original versuchen sollte -dafür erstklassig besetzt und ohne Wechselspiel aus englischem Gesang und deutschen Dialogen?

King Arthur Theater an der Wien, 24., 26., 28., 30. Jänner

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