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Mit Alexander Lapin haben nun auch orthodoxe Soldaten ihren ganz eigenen Militärpfarrer. Er will sie mit ihren Wurzeln und Traditionen in Kontakt bringen.

Das Bundesheer ist in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder in den Schlagzeilen geraten. Sozialdemokraten und Christdemokraten streiten um die allgemeine Wehrpflicht. SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos fordert deren Ende, Widerstand gegen dieses Ziel gibt es nicht nur in der ÖVP. Auch Teile der SPÖ stehen dieser Idee skeptisch gegenüber. Sie wollen kein reines Berufsheer, in der Armee soll die gesamte Gesellschaft repräsentativ vertreten sein.

Der Tatsache, dass sich im Österreichischen Bundesheer Männer und mittlerweile auch Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten und mit unterschiedlichen biografischen Hintergründen befinden, trägt auch die Österreichische Orthodoxe Bischofskonferenz Rechnung. Ab 1. Juli gibt es für alle orthodoxen Christen beim Österreichischen Bundesheer, derzeit rund 280 Soldaten aus den unterschiedlichen orthodoxen Landeskirchen allein in Wien, mit Alexander Lapin einen eigenen Militärseelsorger.

Lange Geschichte in Österreich

Alexander Lapin, der von Hauptberuf Labormediziner an einem Wiener Spital ist, wird die neue Aufgabe vorerst für 18 Monate nebenberuflich ausüben. In einer "Konklave-Entscheidung“ wurde der geweihte Priester der orthodoxen Landeskirche von Tschechien und Slowakei erkoren. Mit großem Respekt trete er die neue Aufgabe an, so Lapin.

Dass mit 1. Juli die orthodoxe Militärseelsorge ihren Dienst aufnehme, sei eine Konsequenz aus den Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre. Teilweise seit vierhundert Jahren gäbe es orthodoxe Christen in Wien, erklärt Lapin. Zuerst kamen die Griechen und Serben, vor rund 150 Jahren auch die ersten Rumänen, Bulgaren und Russen. Wirklich viele orthodoxe Gläubige zogen im Rahmen des Falls des Eisernen Vorhangs, des Jugoslawien-Krieges und der Öffnung der Europäischen Union nach Osten hin nach Österreich. Heute leben viele orthodoxe Christen mit Wurzeln in Russland, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Georgien, dem ehemaligen Jugoslawien sowie Angehörige des Patriarchats von Antiochien in Österreich.

Die Arbeit des orthodoxen Militärseelsorgers ist ähnlich jener der katholischen und evangelischen Kollegen. Und doch gibt es Unterschiede, die auch in der Art und Weise, wie Orthodoxie Kirche versteht, liegen. Insgesamt besteht die orthodoxe Kirchenfamilie aus 14 autokephalen Kirchen mit Patriarchaten beispielsweise in Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien, Jerusalem, Moskau und anderen Metropolen.

14 Kirchen, ein Glaube

All diesen nationalen Landeskirchen gemeinsam ist die kanonische Übereinstimmung in Glaubensfragen, aber auch beispielsweise die Ikonenverehrung, der Kirchengesang oder die positive Sicht auf die Volksfrömmigkeit. Unterschiede gibt es im Bereich der Landessprache und einzelner Traditionen.

Zu den Arbeitsbereichen der Militärseelsorger gehören die berufsethische Bildung im Rahmen des lebenskundlichen Unterrichts, die seelsorgerliche Betreuung, die Beratung in Religionsfragen und der Beistand in unterschiedlichen, persönlichen Krisensituationen.

Für Lapin gehe es zu Beginn in erster Linie darum, Kontakt mit den Leuten aufzunehmen. "Es ist wichtig, ihnen zu sagen, wer sie sind, aus welcher Kultur sie stammen“, erklärt der neue Seelsorger. Dass die jungen Menschen ihre Wurzeln, Traditionen und kulturelle Identität kennen, sei "wichtig für die Integration der Menschen im Land Österreich“. Ziel sei es, den Soldaten ein "konstruktives Selbstvertrauen“ mit auf den Weg zu geben und ihnen zu zeigen, dass sie teilweise eine lange Geschichte in Österreich haben. Viele junge Menschen würden nur wenig über ihre Kultur und ihren Glauben wissen, so die Erfahrung von Lapin.

Davon ausgehend solle auch das Gute im Soldaten gefördert werden, erklärt der Seelsorger. Soldaten seien Menschen in einer verantwortungsvollen Position. Gerade in Extremsituationen wie einer militärischen Auseinandersetzung müssen Angehörige der Truppe ihre Sittlichkeit bewahren. Hier sieht Lapin seine Aufgabe darin, erzieherisch zu wirken.

Wichtige Arbeit fürs Heer

Dabei ist Lapin bewusst, dass er als Priester zwar eine moralische Instanz ist, aber keine Art von Polizist. Es sei das Wesen des alten Christentums gewesen, nicht so sehr auf Regeln als viel mehr auf die Motivation zum Guten zu setzen. In dieser Zeit seien auch die ersten Krankenhäuser entstanden, erinnert der Mediziner und Seelsorger.

Die Feier von Gottesdiensten zählt insofern nicht zum Aufgabenbereich des Militärpriesters, da die orthodoxen Angehörigen des Heers die Liturgie in ihren eigenen Kirchen feiern sollen.

In Bezug auf Ökumene beim Bundesheer ist Lapin kein Freund von Verträgen und großen Gesten. Es gehe um kleine und zähe Zusammenarbeit, wenn es auf moralischer Ebene um gemeinsame Zusammenarbeit geht. "Aber man kann ja füreinander beten, das ist ja nicht verboten.“

"Die Arbeit der Militärseelsorger ist sehr wichtig für das Bundesheer. Sie holen die Menschen dort ab, wo sie sind. Sie helfen ihnen, ihre schwierigen, oft gefährlichen Aufgaben auch seelisch und psychisch zu bewältigen. Es war mir daher ein wesentliches Anliegen, dass auch für die orthodoxen Gläubigen ein Seelsorger zur Verfügung steht“, sagt SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos.

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