Statuarische Version des Liebesdramas

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Das Ausgraben alter Inszenierungen scheint derzeit in Mode zu kommen. Denn nach Wagners "Die Walküre" 2017 bei den Salzburger Osterfestspielen mit den Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen und der Rekonstruktion der 50 Jahre alten Inszenierung des "Lohengrin" Wolfgang Wagners durch dessen Tochter Katharina, ebenfalls im Vorjahr in Prag, wurde jetzt am Landestheater Linz Heiner Müllers legendäre Inszenierung von Richard Wagners Liebesdrama "Tristan und Isolde", die von 1993 bis 1999 in Bayreuth zu sehen war, wieder zum Leben erweckt. Es ist dies eine Kooperation mit der Opéra de Lyon, dem "Opernhaus des Jahres 2018", von dessen Intendanten Serge Dorny auch die Idee zur Zusammenarbeit stammt.

Zeitlos, nüchtern und fast leer sind die nachgebauten Bühnenräume von Erich Wonder: Zu sehen ist ein leicht nach vorne geneigter Kubus, der die Breite der Bühne des Musiktheaters am Volksgarten seitlich nicht auszufüllen vermag, da jene in Lyon deutlich kleiner ist. Diese Räume leben in erster Linie vom Licht und von den geometrischen Formen. Stephan Suschke, ehemaliger Assistent des verstorbenen Heiner Müller, der die Psychologisierung der Figuren ablehnte, setzt dessen seinerzeitige Ideen um. Die eigentliche "Nichthandlung" des Tristan wird in statuarischen, aber zeitlos ästhetischen Bildern, fast wie eine Installation mit ein wenig Bewegung, gezeigt.

Karge Bühne, gewaltiger Klang

Den ersten Akt prägen orangefarbene Quadrate, den zweiten ein kühles Blau und die bekannten Ritterharnische, mit denen fast die gesamte Bühne vollgestopft ist. Der dritte Akt wirkt mit dem Geröll und den Steinen auf der Bühne sehr trostlos. In dieser abstrakten Welt legt Annemarie Kremer eine Isolde hin, die ohne Ermüdungserscheinungen mit stimmlicher Stärke, Heroismus und Leidenschaft bis zum Finale fasziniert. Heiko Börner hält sich als Tristan im ersten Akt offenbar sehr zurück, um seine stimmlichen Kräfte für das Finale aufzusparen. Dann entfaltet er diese aber immer mehr und kann besonders im letzten Akt seinen mörderischen Fiebermonolog mit unermüdlichen Kraftreserven und Höhen meistern. Dshamilja Kaiser ist mit ihrem dunklen, runden Mezzo eine Brangäne der ersten Wahl. Martin Achrainer ist ein präsenter und schönstimmiger Kurwenal. Dominik Nekel singt den König Marke wunderbar weich und berührend. Ebenso makellos hört man Matthäus Schmidlechner als Melot und Mathias Frey als lyrischen Hirten.

Puren, schlanken Schönklang bescheren uns Markus Poschner und das Bruckner Orchester Linz. Farben-,stimmungs- und nuancenreich mit herrlichen Lyrismen, aber auch gewaltig aufrauschenden Steigerungen segelt man durch die geniale Partitur. Großer Jubel am Ende im Auditorium!

Tristan und Isolde Landestheater Linz 4. Nov., 22., 25. Dez.

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