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Offene Zukunft für Wagner in Graz

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Der Termin für die Premiere von Wagners „Tannhäuser” in der Grazer Oper stand schon lange fest, als durch ein Ereignis, das gerade zeitgerecht eintrat, die einheimischen Jünger Bayreuths durcheinandergewirbelt wurden. Die Vorgeschichte reicht ins vergangene Jahr zurück.

Damals gab die Grazer „Wagner-Gesellschaft” ihr Jahrbuch heraus, in dem sich ein Artikel des Mainzer Intendanten Brenner über Kunst und Diktatur fand. Nachgestellt war der Abdruck eines Essays aus der Feder des weiland NS-Propagandaministers Joseph Goebbels.

Die Wirkung war vorauszusehen: Die jungen Sozialisten erstatteten Anzeige wegen Wiederbetätigung, die allerdings eingestellt wurde. Der Vorstand der Wagner-Gesellschaft bekannte sich schuldig, den ursprünglichen Kommentar Brenners weggelassen zu haben und bedauerte diesen Lapsus. Das Ereignis war der Anlaß - nicht die Ursache - für die Sezession mehrerer' Mitglieder, die nun ein „Wagner-Forum” gegründet haben. Ursache war eine tiefe Unzufriedenheit mit dem konservativen Kunstbegriff der Wagner-Gesellschaft, die neuen Inszenierungen völlig abhold ist. Auch Christoph Pöppelrei-ters Inszenierung des „Ring” hatte bei ihr keine Zustimmung gefunden.

Diese aufsehenerregende Inszenierung ist übrigens von Intendant Gerhard Brunner bei Amtsantritt entgegen seinen Versprechungen aus dem Repertoire genommen worden. Die Ausstattung ist vernichtet, dieser „Ring” ist nur mehr als TV-Film dokumentiert.

Das Wagner-Forum erfreut sich des Wohlwollens von Bayreuth, Wolfgang Wagner kam selbst zur Gründungsfeier nach Graz. So begrüßenswert der neue Wind auch ist, ganz zum alten Eisen sollte man traditionelle Inszenierungen auch nicht werfen. Gerade am Theater sollten Ideologien mit dem Anspruch auf absolut gültige Wahrheiten keinen Platz haben. Pöppelreiter gegen Schenk? Die Bühne hat Platz für beide.

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