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Die „Freunde Bayreuths“

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Bayreuth, Ende Mai 1950 Das Festspielhaus ist unversehrt, .Wahnfried' bomberibeschädigt, seit zwei Jahren soweit .restauriert“, daß von der zerstörten rückwärtigen Hälfte des Hauses jede Spur fehlt. Frau Winifred, die Witwe Siegfried Wagners, lebt zurückgezogen in Ober-War-mensteinach im Fichtelgebirge. Wieland, der Dreiunddreißigjährige, und sein 1919 geborener Brüder Wolf gang halten seit 1948 wieder das Schicksal des Wagner-Erbes in den Händen. Erbe heißt in diesem Falle: Pflicht am Lebenswerk des großen Großvaters fürs ganze Leben. Also wieder Bayreuther Festspiele! Ein Privatunternehmen solchen Ausmaßes — das war Bayreuth auch während der zwölf autoritären Jahre geblieben! — hat naturgemäß mit finanziellen Problemen fertig zu werden, bevor man über künstlerische diskutieren kann. Im Falle des Fundus etwa, der noch zu einer Zeit vorhanden war, da im Fest-spielhaus Shows, Revuen und Filme für die Besatzungsmacht gespielt wurden, kann man nicht einmal von einem verbliebenen Rest sprechen. Trotzdem und trotz allem: Bayreuther Festspiele 1951. .Ring“, .Meistersinger“, „Parstfal und Beethovens „Neunte“, die Furtwängler dirigieren wird. Knapperts-busch („Pärsifal“, „Ring“) und Hartmann (Meistersinger“) werden die Arbeit Karajans und Wieland Wagners, der die anderen fünf Abende inszeniert, ergänzen. „Die Aufgabe“ — sagt Wieland Wagner — .war vielleicht nie größer als heute, da es nur wenigen Bühnen Deutschlands möglich ist, Wagners Werke überhaupt zu geben.“ Dem Einwand, Wagners Lebenswerk hätte sich längst in der Welt durchgesetzt, wozu brauche man Bayreuth, begegnet der Enkel mit der alten Zielsetzung, die rein künstlerischer, man könnte fast sagen handwerksmäßiger Art Ist: durch stilreine, dem Willen ihres Schöpfers gemäße Wiedergabe dem Besucher ein ungetrübtes Erleben zu gewährleisten. Auch die österreichischen Bedenken, Salzburgs wegen, werden spontan entkräftet: .Eine Kunstreise der internationalen Festspielbesucher ist unsere Hoffnung: Salzburg — Mozart und die Moderne, Bayreuth — Richard Wagner!“

Die „Freunde Bayreuths“, eine Gesellschaft, die sich die Finanzierung der Festspiele zum Ziele gesetzt hat (während die ideellen Ziele weiterhin der Wagner-Verein umsorgt), luden nun Pfingstsonntag In die Wagher-Stadt zur Generalversammlung. Aus diesem Anlaß gaben die Wiener Symphoniker und Herbert Karajan ein Festkonzert: .Lohen-grin'-Vorspiel und .Gralserzählung (mit Hans Hopf aus München) und — Bruckners „Achte“. Der Nachmittag wurde zum musikalischen Frühlingsereignis Süddeutschlands.

Das Wiener Orchester, las sieb“ durch die Jännertournee einen Namen in Deutschland gemacht hatte, gab sein Bestes (und den Grad, den relativen Wertmesser dieser Leistungsfähigkeit, lernt man erst im Ausland festlegen). 24 Stunden vorher war die Arbeitstagung „Jugend und neue Musik zu Ende gegangen, und inzwischen wurden die Fränkischen Barockfestspiele im ehemaligen Markgräflichen Opernhaus Bayreuths eröffnet. Franzosen sind, wie man in der Generalversammlung der „Freunde Bayreuths hören konnte, im Begriff, eine landeseigene Sektion der Gesellschaft zu bilden. (Also nicht nur gemeinsame Stahlpläne!) Angesichts solcher Fakten, deren Antriebskräfte Idealismus und Dienst am Schöpferischen sind, wird man schnell zum Freund Bayreuths. Mit und ohne Anführungszeichen ...

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