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Hotters ,,Holländer“-Inszenierung
Der „Fliegende Holländer war nach den für die Bühne verlorenen „Feen“ und dem „Rienzi“, um dessen Realisierung zur Zeit heftig gerungen wird, die dritte, durchkomponierte Oper Richard Wagners und wohl sein erstes, bleibendes Meisterwerk. Wie sehr dabei dem betont deutschen Komponisten die italienische Oper noch iri den Gliedern steckte, zeigt das Duett zwischen „Daland“ und dem „Holländer“ vor dem Chorfinale des 1. Aktes, das in seiner Sechsachtelseligkeit den germanischen Helden so gar nicht zu Gesicht steht. Aber die Schreibweise ist schon ein echter Wagner, die Orchestrierung zeigt die Kühnheiten des Genies und die Ouvertüre, die in der klaren Disposition der Motive an Webers „Freischütz“ erinnert, ist ein Stück vitaler, hinreißender Musik.
In der Neuinszenierung der Bayerischen Stagtsoper im Nationaltheater hatted die drei leitenden Initiatoren keinen leichten Stand. Hans Hotter sollte als' Regffeeüt einen'c'irtiÄgMt'hSt originellen Münchner Wägner-Stil entwickeln, der Bühnenbildner Günther Schneider-Siems- sen sollte Bayreuth vergessen lassen und Hans Gierster fiel die undankbare Aufgabe zu, den erkrankten Hans Knap- pertsbusch am Dirigentenpult zu vertreten. Am überzeugendsten fungierte Schneider-Siemssen. Ihm gelangen, unter Einsatz der ganzen modernen Bühnentechnik dieses Hauses. Szenen von visio
närer Eindringlichkeit. Hotter, von dessen Londoner Ring-Inszenierung ungewöhnlich viel Lobendes zu hören war, hielt sich an die romantische Oper. Allein in der ersten Begegnung zwischen „Senta“ und dem Holländer gab es statuarische Momente von außerordentlicher Intensität. Überhaupt scheint Hans Hotter mit seinen Sängerkollegen gut umgehen zu können, sie wirkten konzentriert, gelöst und sicher. Hans Gierster, der stets willkommene, neue Nürnberger Generalmusikdirektor, wirkte zunächst etwas gehemmt, bestimmte jedoch vom 2. Akt an mit immer größerer Faszination das dramatische Geschehen. Seine Wagner-Interpretation hat Schwung, ist durchsichtig im Detail und versteht sich auf eine exemplarische Führung der Sänger, aber was ihm bei Wagner noch fehlt, ist der lange Atem, der thematische Bogen, der sich über die Szenen spannt. Mit Ludmilla Dvorakova als „Senta“, Gottlpß frick als. „Dalan“, Hcns Günter Nöcker als Hob ländef, Frill Wunderlich als „Steuer-, mann“ und Wolfgang Windgassen als Erik hat München eine Besetzung zu bieten, wie man sie nur an den führenden Opernhäusern der Welt wird finden können. Seit Eröffnung des wiedererstandenen Münchner Nationaltheaters dürfte die Begeisterung des Publikums an Phonstärke alles bisher Dagewesene in den Schatten gestellt haben.
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