Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Was geschieht mit „Parsifal“?
Am 23. und 25. März (Gründonnerstag und Karsamstag) soll in der Wiener Staatsoper wieder Wagners Bühnenweihfestspiel gegeben werden. Wir erinnern rechtzeitig daran, daß es dringend einer szenischen Erneuerung bedarf.
Zwischen 1957 und 1962 hat Herbert von Karajan in Wien nicht nur dirigiert, sondern im großen Haus am Ring auch neun Opern inszeniert, wobei er auf die Ausstattung weitgehend Einfluß nahm.
Im ersten Jahr stand er als Dirigent und Spielleiter von vier Werken auf den Programmen: „Walküre“, „Othello“, „Falstaff“ und „Siegfried“. In den folgenden Jahren inszenierte er, in chronologischer Reihenfolge (und zwar jährlich je eine Oper): „Rheingold“, „Tristan und Isolde“, „Götterdämmerung“, „Parsifal“ und zuletzt „Pelleas und Melisande“.
Karajan inszenierte mit wechselndem Glück und Geschick, erreichte zwar nie die Spitzenklasse, unterschritt allerdings auch nicht das langjährige Staatsopernniveau. Mit einer Ausnahme.
Als seine geglücktesten Inszenierungen, nicht zuletzt auch dank der schönen und stimmungsvollen Bühnenbilder, können „Othello“ und Debussys „Pelleas“ bezeichnet werden. Und hätte es keinen Wieland Wagner gegeben, so hätten vielleicht auch seine Wagner-Neuinszenierungen Aufsehen gemacht. Doch wenn man von Wagners minutiösen Anweisungen abweicht, so muß man sie durch etwas Neues, Eigenes ersetzen.
Das ist vorläufig nur in Bayreuth geschehen.
Immerhin mag man die Karajan-schen Wagner-Neuinszenierungen durchaus als passabel gelten lassen. (Wir sprechen hier nur von der Ausstattung und der Spielleitung. Der musikalische Teil war ausnahmslos hervorragend, zuweilen glänzend.)
Für Karajans letzte Wagner-Inszenierung trifft dies leider nicht zu. Wir berichteten darüber an dieser Stelle am 8. April 1961 unter dem Titel „Höllenrose in Grau“ und hatten Anfang November des vergangenen Jahres Gelegenheit, unser Urteil zu überprüfen. Leider gab es nichts daran zu revidieren.
Die „Parsifal“-Inszenierung ist und bleibt mißglückt; die Zeit hat daran nichts gebessert. Das Hauptkennzeichen dieses „Parsifal“ ist Dunkelheit und Leblosigkeit, wodurch das ohnehin etwa viereinhal-stündige Werk für das Gefühl des ermüdeten Zuschauers um eine weitere Stunde verlängert wird.
Regisseur und Bühnenbildner (Heinrich Wendel) verwechselten Mystik mit Dunkelheit. Da lacht keine Aue, da blüht kein Lenz, und auch Kundry, die Höllenrose, ist grau gewandet. Daher versuche man es — falls keine Neuausstattung mehr möglich ist — zumindest einmal mit mehr Licht — soweit es Bühnenbild und Regie vertragen.
Sonst wird es, statt festlichen Weihespiels, nur zwei langweilige Abende geben.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!