booklet_14 - © Illustration: Arinda Cračiun / Rieder

„Hunde im Futur“: Lustvoll inszeniert

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Grammatik in Bildern und als Buchspass? „Hunde im Futur“ zeigt, dass das möglich ist.

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Grammatik in Bildern und als Buchspass? „Hunde im Futur“ zeigt, dass das möglich ist.

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Grammatik: Wem würde beim Gedanken an die Gesamtheit der Regeln einer Sprache nicht ein kleiner Stoßseufzer entkommen? Das Grüppchen jener, die in der Grammatik eine ähnliche Schönheit erkennen, wie der amtierende Bundespräsident in der österreichischen Verfassung, hat vermutlich Minderheitencharakter. Umso überraschender die Erkenntnis, mit wie viel (künstlerischem) Charme sich diese Grammatik der deutschen Sprache in ihrer Komplexität auff ächern lässt.

Es geht also um die Bauformen der Sprache – beginnend beim Substantiv mit Numerus, Genus und Kasus. Über Artikel und Adjektive gelangt man zum breiten Feld der Pronomen. Und letztlich führt das Verb mit Tempus und Modus zu den Beschaff enheiten von Sätzen und Satzkombinationen. All diese Begriff e werden vorgestellt, erläutert, beispielhaft angewandt. Was soll daran charmant sein?

Der Reiz der „Grammatik in Bildern“, die die beiden Geschwister Susanna und Johannes Rieder – sie ist Romanistin, er ist Regisseur und beide gemeinsam leiten den kleinen Susanna Rieder Verlag in München – in Zusammenarbeit mit der Illustratorin Arinda Crăciun und dem Designer Carsten Aermes vorlegen, liegt in der künstlerischen Aufbereitung dieses grammatikalischen Grundrisses. Das Medium Buch wird dabei in seiner Multimodalität genutzt, sodass eine ebenso kluge wie sinnliche Interaktion von Sprache, Textsorten, Illustration, Hybridformen, Schriftbild, Layout und Buchgestaltung entsteht.

Zum Grundprinzip werden Doppelseiten, deren rechte Seite altarbildartig aufklappbar ist. (In der Grafi k werden diese Klappen daher auch als Altarfalz bezeichnet.) Daraus ergibt sich gemeinsam mit den Illustrationen der linken Seiten ein Mix-MaxEff ekt; daraus resultiert aber auch ein Außen und ein Innen, das klug eingesetzt wird, um die grammatikalischen Fachausdrücke zu erläutern, sprich: unterschiedliche Anwendungsfelder der Ausgangsbegriff e und/oder –fragestellungen wortwörtlich sichtbar zu machen.

Bei Substantiven zum Beispiel kann es sich um „konkrete + abstrakte Substantive“ handeln. Das Außen gehört dem Konkreten und man darf gespannt sein, welche Variante des Abstrakten sich mit Picknickkorb, Flip Flops, Schmetterling oder Zeitschrift verknüpfen lässt. Mit dem Aufklappen wird sichtbar, dass die beiden, die sich hier an konkreten Oliven delektieren, eigentlich ganz anderes im Sinn haben: die (abstrakte) Liebe.

Dieses buchgestalterische Innen und Außen wird mit schlichter, leitmotivisch eingesetzter Farbsymbolik verknüpft, mit deren Hilfe die Stück für Stück komplexer werdenden grammatikalischen Feinheiten (zu-)geordnet werden (können). Die Bedeutungsebenen der unterschiedlichen Grundbegriff e wiederum werden mithilfe unterschiedlicher Textsorten präsentiert – sodass Sprache immer auch als (narratives) Sprachmaterial sichtbar wird.

Für das Relativpronomen zum Beispiel wird ein schlichter Comic genutzt, dessen Frame fünff ach wiederholt und dieserart zu einer Ministory rund um ein innereheliches Beobachtungs-Szenario wird. Für die Zeitformen des Verbs hingegen werden Vergangenheit und Gegenwart auf einem Stadtplatz miteinander kombiniert. Auf die Zukunft wird mit Hilfe eines Baustellen-Schildes verwiesen: „Hier entsteht eine Hundeschule“. Hier wird Kasimir bald apportieren, hier wird Baku bald Pfötchen geben. Und wenn Gepetto hier alles gelernt haben wird, wird er sehr hungrig sein. Schließlich ist ein Hund immer hungrig. Auch im Futur (I+II).

Die mit Buntstiften in den Weißraum gesetzten Bilder illustrieren die grammatikalischen Variationen nicht nur, sondern helfen wirkungsvoll mit, sie auch zu verstehen. Die Art einer Handlung zum Beispiel schlägt sich im Genus Verbi nieder. Das Außen der Doppelseite gehört dem Aktiv: „Ich fotografi ere die Ente“, heißt es und die Schrift wird zum Bildstrahl, der sichtb ar vom Fotografen und seiner Kamera hinunter auf die kleine Ente fällt.

Mit dem Aufschlagen der Klappen rückt die Ente bildbestimmend in den Vordergrund. Die Schrift fällt nun als Bildstrahl von ihr zurück auf den im Hintergrund agierenden Fotografen: „Die Ente wird von mir fotografi ert.“ Dass die so genannte „Leideform“ des Passivs als Begriff irreführend ist, wie im knappen Sachtext erläutert wird, beweist die durchaus nicht unglücklich dreinblickende Ente. Schließlich ist hier kein Fuchs, sondern nur ein Fotograf am Werk. Es handelt sich ja auch um kein Liederbuch, sondern um ein mit viel Esprit gestaltetes Sachbuch, das Grammatik zu einer literarisch lustvoll inszenierten Angelegenheit macht.

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