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Auch die Medienkonsumenten können - und müssen - zu Unabhängigkeit und Freiheit der Medien beitragen. von otto friedrich

"Medienfreiheit ist eine der Voraussetzungen für Medienvielfalt. Konzentrationsprozesse, wie sie auch in Österreich vor allem im Bereich von Zeitungen und Zeitschriften stattfinden, beeinträchtigen die Medienvielfalt und erschweren die Meinungsbildung. Medienfreiheit ist ein Recht, das fairer Zugangschancen bedarf. Die Ökonomisierung der Medienlandschaft schließt schwache Mitspieler ohne große finanzielle Ressourcen oder Vertreter von Minderheiten zunehmend aus. Medienfreiheit bedeutet daher auch in Österreich, dass Minderheiten Zugang zu den Medien haben müssen. Medien sind für Minderheiten notwendig."

Der hier zitierte Abschnitt stammt aus dem Medienkapitel des Ökumenischen Sozialworts (www. sozialwort.at): Als das Sozialpapier der österreichischen Kirchen vor Weihnachten veröffentlicht wurde, registrierte kaum jemand, dass da die Auseinandersetzung mit den Medien an den Anfang der sozialethischen Überlegungen der Kirchen gestellt wurde. Und die wenigen Medien, die das ihnen gewidmete Kapitel des Sozialwortes rezipierten, sparten nicht mit Häme. Dabei finden sich dort, wie obiger Abschnitt über die Medienfreiheit zeigt, genug Anhaltspunkte für eine medienethische Diskussion, die auch in Österreich kontinuierlich zu führen wäre.

Die Auseinandersetzung um Medienfreiheit ist hierzulande jedenfalls ein Zweig dieser medienethischen Debatte: Ökonomisierung, Medienkonzentration, Zugang zu den Medien, Meinungsvielfalt als Voraussetzung der Medienfreiheit - die Schlagworte dazu liegen längst auf dem Tisch.

Man sollte die Kirche dabei im Dorf lassen: Pressefreiheit ist in Österreich, wie auch der stv. Chefredakteur des WirtschaftsBlatts Engelbert Washietl meint, "nicht im fundamentalen Sinn" gefährdet (vgl. Interview unten). Gesetzliche Rahmenbedingungen sind hierzulande klar, soziale und politische Verhältnisse so stabil, dass von einer grundsätzlichen Bedrohung des heimischen Journalismus keine Rede sein kann.

Dass sich aber auch die Medien der globalisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts subtilen Anfechtungen gegenübersehen, bleibt ebenfalls evident. Die Medien finden sich in den gesellschaftlichen Flecht- und Netzwerken wieder, die jedenfalls ihre Unabhängigkeit in Frage stellen: Das ist etwa längst der Fall beim so genannten "Umfeldjournalismus" - wo durch Artikel und Beiträge zu einem Thema ein publizistisches "Umfeld" aufbereitet wird, um Kunden, die zu diesem Thema inserieren könnten, anzulocken - und endet längst nicht mehr beim "Product Placement" - so das Verschleierungswort für "Schleichwerbung" -, mittels dem auch öffentlich-rechtliche TV-Sender ihre Budgets auffetten. Dazu kommen die unheimliche Schnelligkeit und die unfassbare Masse an Information, die das Online-Zeitalter für seine Zeitgenossen bereithält, und die mit den herkömmlichen Instrumentarien zur medialen Qualitätssicherung kaum zu bewältigen ist. Information wurde in dieser Gesellschaft auch eine Ware, die - wie alle Waren - den Marktgesetzen und dem Wettbewerb unterliegt.

In all den angedeuteten Verflechtungen sind das Ausloten und das Bewahren der Medienfreiheit ebenso vordringliche wie diffizile Aufgaben. Zu ihrer Bewältigung wären alle Player in die Pflicht zu nehmen - der Staat, der faire Rahmenbedingungen für freie Medien zu schaffen verpflichtet ist, aber auch Medienbetreiber und Medienmacher.

Ein kaum zu unterschätzender Beitrag zur Erhaltung der Medienfreiheit kommt dabei den Medienkonsumenten zu - auch wenn Skepsis durchaus angebracht ist. Engelbert Washietl gibt etwa zu bedenken: "Natürlich sollen die Konsumenten kritischer werden! Aber wie wird man das?"

Informationsfreiheit ist dennoch nicht bloß eine Bringschuld der Medien, Pressefreiheit ist nicht bloß Existenzgrundlage des Journalismus, sondern es gibt auch eine Holschuld der Medienkonsumenten: So wie eine Demokratie zum Scheitern verurteilt ist, wenn niemand zur Wahl geht, so führen sich noch so freie Medien ad absurdum, wenn sie nicht nachgefragt werden.

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