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Albanien öffnet sich

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Einen Vertrag über die gemeinsame Nutzung von Grenzflüssen, die Regelung des Post- und Straßenverkehrs, sowie über den Austausch von Fernsehprogrammen unterzeichnete der stellvertretende griechische Außenminister Karlos Papoulias während seines Besuches in Tirana. Der Abschluß des Vertrages Albaniens mit Griechenland wirkt wie eine kleine Sensation, selbst wenn dadurch nur Lebensbereiche vertraglich geregelt werden, deren Funktionieren zwischen Nachbarstaaten eigentlich selbstverständlich ist.

Dabei unterhält Tirana unterdessen diplomatische Beziehungen zu nahezu 100 Ländern, verfolgt also nicht mehr eine strikt isolationistische Politik. In die vorsichtige, schrittweise Öffnung paßt der Vertrag über die gemeinsame Nutzung von Grenzgewässern, die Normalisierung des Post- und Straßenverkehrs, als auch der jetzt beschlossene Austausch von Fernsehprogrammen.

In weiten Teilen Südostalbaniens, von den Griechen als Nord-epirus bezeichnet, ist das griechische Fernsehprogramm ohnedies gut zu empfangen. Auch von der Insel Korfu strahlt das griechische Fernsehen weit in albanisches Territorium, während entlang der übrigen Küstengebiete in Albanien, einschließlich der Hauptstadt Tirana, die Antennen über die Adria nach Italien gerichtet sind.

Die Obrigkeit in Albanien sieht die ausländischen Einflüsse nicht gerade mit Begeisterung und sie hat auch die Möglichkeit über Gemeinschaf tsempf änge in den Kulturhäusern diesen unerwünschten Fernsehfluß zu steuern. Aber die Zahl von Fernsehgeräten in privatem Besitz steigt auch in Albanien stetig an.

Einfacher ist, den Autoverkehr in Albanien in gewünschten Grenzen zu halten. Private Pkw gibt es kaum, und auch die Zahl von Funktionärslimousinen scheint gering. Ausländische Touristen empfängt man in begrenzter Zahl in Gruppenarrangements, nur in Sonderfällen wird die Einreise im eigenen Pkw gestattet.

Die Straßen im Lande der Ski-petaren sind ein Eldorado für Radfahrer und Lastkraftwagen, die auch Überland im 30 bis 40 Kilometertempo dahinzockeln. Die Eröffnung eines neuen griechisch-albanischen Grenzüberganges bei Kavakija dürfte so ausschließlich dem Fernlastverkehr zugute kommen; sehr zum Leidwesen der Athener Regierung, die ein Abkommen über den kleinen Grenzverkehr mit Tirana anstrebt, von dem die griechische Minderheit in Albanien zu profitieren hoffte.

Immerhin lebt in diesem Gebiet laut griechischen Angaben die Masse der etwa 400.000 Griechen in Albanien. Ihre Lage und Rechte auch nur zu erörtern, soll Tirana mit dem Hinweis abgelehnt haben, daß „die Minderheiten in Albanien keine Hilfe aus dem Ausland benötigen” würden. Laut dem Blatt der griechischen Opposition „Katimerini” hat Tirana auch abgelehnt, über die Beendigung des Kriegszustandes mit Griechenland zu sprechen, der formell nunmehr seit 43 Jahren herrscht.

Aus albanischer Sicht wäre seine Beendigung laut „Katimerini” angeblich eine „innergriechische Angelegenheit”. Tirana möchte offenbar an die Vorkriegszeit nicht erinnert werden, da von dem zu Italien gehörigen Albanien der unrühmlich zusammengebrochene Angriffskrieg gegen Griechenland eröffnet worden war.

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