6971835-1985_33_05.jpg
Digital In Arbeit

Ein Platz für Pilger und kein Platz für Politiker

19451960198020002020

Noch bestehen Differenzen über die künftige Nutzung des österreichischen Hospiz in Jerusalem (FURCHE 30/1985). Aber eine Lösung ist in Sicht.

19451960198020002020

Noch bestehen Differenzen über die künftige Nutzung des österreichischen Hospiz in Jerusalem (FURCHE 30/1985). Aber eine Lösung ist in Sicht.

Werbung
Werbung
Werbung

Dominikanerpater Manfred Kniewasser wurde von der katholischen Kirche Österreichs nach Jerusalem entsandt, um die Interessen der Kirche in Zusammenhang mit dem österreichischen Hospiz zu wahren. Momentan hat Pater Kniewasser Quartier im Pilgerhotel der Jerusalemer Dominikaner, Terra Santa, bezogen.

„Ich bin hierher gezogen, um leichter erreichbar zu sein”, sagt der von Kardinal Franz König als Vizerektor des Hospiz eingesetzte Dominikaner und fügt hinzu:,Jm Dominikanerkloster von Jerusalern gibt es nur ein Telefon, und man konnte mich meistens nicht finden, wenn ich am Telefon verlangt wurde.”

Pater Kniewasser ist in Terra Santa Gesprächspartner aller in-und ausländischen Medien. Denn das von den israelischen Behörden inzwischen geräumte Hospizspital ist längst zu einem Symbol des Kampfs der arabischen Bevölkerung um eine moslemische Festung in der Jerusalemer Altstadt geworden.

Dabei fragt keiner mehr, warum eigentlich das Krankenhaus als solches schlecht funktionierte, warum Infektionsfälle aufgrund der schlechten hygienischen Zustände vorgekommen sind. Die einzige Frage, die heute gestellt wird, ist: Warum wird gerade ein arabisches Krankenhaus und nicht ein jüdisches in Jerusalem geschlossen?

Seit über einem Jahr pendelt nun Pater Kniewasser schon zwischen Wien und Jerusalem. Dennoch konnte er sich bis heute noch nicht mit allen administrativen Problemen vertrautmachen. Vonisraelischer Seite wurde das Hospiz offiziell geschlossen, doch dem eigentlichen Besitzer, der österreichischen Kirche, bis heute nicht zurückerstattet.

Das hat seine Gründe: Die Republik Österreich lehnt nach wie vor die Besetzung von Ost-Jerusalem durch Israel im Jahre 1967 als völkerrechtswidrig ab und betrachtet den Stadtteil noch immer als einen Teil des Königreichs Jordanien. Der Mietvertrag zwischen dem Spitalsnutzer, eben Jordanien, und der österreichischen Kirche, der Hospiz-Besitzerin, wurde auch schon 1961 in der jordanischen Hauptstadt Amman unterzeichnet.

Jordanien hat nun all die Jahre die Miete weiterbezahlt, um ja nicht die israelische Besetzung Ost-Jerusalems anzuerkennen. Genauso bezogen die Ärzte des Hospiz ihr Salär zweimal: einmal von Israel und gleichzeitig auch von der jordanischen Regierung.

Wie wird es im Hospiz nun weitergehen? Zunächst hat das israelische Gesundheitsministerium alle Türen zugenagelt und plombiert. Deshalb ist auch die kleine Kirche des Hospiz derzeit nicht zugänglich.

Die israelischen Behörden wollten im Hospiz ursprünglich eine moderne Tagesklinik einrichten. Davon ist man vorderhand einmal abgekommen. Aber schon vor einem halben Jahr, als sich die Auseinandersetzung um das alte Hospizspital zuspitzte, hat auch die österreichische Kirche den Vorschlag gemacht, aus eigenen Mitteln eine solche Tagesklinik zu bauen. Das Bürgermeisteramt in Jerusalem hatte diesem Plan ursprünglich zugestimmt. Jetzt ist alles wieder offen.

Zusätzliche Probleme schafft die Tatsache, daß das Hospiz zur Gänze saniert werden muß. Es gibt in den Zimmern weder Heizung noch Fließwasser, noch Toiletten. Aber dieser Umbau wird Millionen Schillinge verschlingen. Dann erst wird das österreichische Hospiz wieder eine moderne Pilgerstätte sein, wie sie der Kirche vorschwebt. Erschwert wird das alles dadurch, daß das Hospiz unter Denkmalschutz steht.

Das Hospiz an der Via Dolorosa soll nach den Intentionen Pater Kniewassers auch ein Haus der Begegnung der großen monotheistischen Religionen werden, wo Juden, Christen und Moslems miteinander reden. „Die katholische Kirche Österreichs hat niemals einen Zweifel daran gelassen, daß sie das Gebäude zurückhaben und seinem ursprünglichen Zweck zuführen will”, stellt Pater Kniewasser unzweideutig fest. Dabei will man sich mit allen Mitteln und so gut es geht aus der Politik heraushalten. Das ist aber in Jerusalem schwierig genug.

Deshalb will Pater Kniewasser auch erreichen, daß die Österreicher die Generalsanierung ihres Hospiz selbst finanzieren. In einer großangelegten Sammelaktion in Österreich soll genug Geld aufgebracht werden, um alle Pläne zu verwirklichen.

Vielleicht gelingt es tatsächlich, daß in einigen Jahren das österreichische Hospiz an der Via Dolorosa in Jerusalem steht und von vielen österreichischen Pilgern besucht wird, die sich nicht mehr daran erinnern, daß hier einmal wegen eines sanierungsbedürfti-gen arabischen Spitals die Gemüter hochgegangen sind.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung