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Gegen Verrohung

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Verkehrsprobleme in einer Großstadt wie Wien zu lösen (siehe Seite 12), ist nicht nur eine Frage neuer Straßen, Eisenbahn-, S-Bahn- und U-Bahnlinien, sondern auch eine gesellschaftspolitische Frage. Die Philosophie des neuen Wiener Verkehrskonzepts, dessen Feinschliff jetzt von der Gruppe um Stadtrat Fritz Svihalek vorgenommen wird, geht vom Bekenntnis zur Großstadt Wien aus, was heißt, daß die Stadt zwar nicht im Autoverkehr ersticken darf, der öffentliche Verkehr Vorrang genießt, aber auch der Autofahrer legitimiert ist.

Der Verkehr in der Großstadt Wien, philosophiert Ferdinand Hennerbichler, Pressereferent bei Svihalek, ist Spiegelbild einer inhumanen Entwicklung in der Gesellschaft. Es gebe da eine Art Grauzone, die Gewalt toleriert und nicht abstellt. „Wir wollen keine Kampfgesellschaft auf der Straße. Verkehrspolitik soll auch zur Klimaverbesserung beitragen, zum Miteinander, Gewalt und Intoleranz haben da nichts verloren.”

Wenn Wien eine „Politik der Humanität” auf der Straße betreiben will, dann muß sich das auch durch eine gewisse Großzügigkeit beim Strafen ausdrücken. Hennerbichler verweist auf die sogenannten „Parksheriffs”, die den ruhenden Verkehr überwachen: Man sollte viel mehr verwarnen, als gleich strafen, meint er. „Verwaltung ist Dienst am Volk. Man muß Ernst zeigen, sonst wird man nicht ernst genommen. Aber man hat das Prinzip der Nächstenliebe -wenn Sie so wollen - nicht verstanden, wenn man die Leute mit Strafzetteln eindeckt. Wir wollen erreichen, daß der Mensch mittut, eine menschliche Verkehrsgesellschaft zu entwickeln.”

Diese Philosophie hat sich auch schon materialisiert: Viele der sogenannten „Ohrwascheln”, vorgezogene Gehsteige, werden in ihrer Sinnhaftigkeit gemeinsam mit betroffenen Bürgern überprüft und, wenn sinnlos, beseitigt.

Mehr wird Wien auch tun müssen, um den weiterhin wachsenden Verkehr aus dem Osten und in die Reformländer via Region Wien zu bewältigen. Man braucht Ableitungsautobahnen, der Ausbau von Eisenbahnlinien muß Vorrang haben, der Donauausbau für billigere Transporte darf nicht außer Acht gelassen werden.

Jedenfalls will man in der Wiener Verkehrspolitik von einer Politik der Konfrontation zu einer Politik des Dialogs gelangen.

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