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Honore Daumier

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Dem „Kunstkabinett“ in der Riemergasse ist das Kunststück gelungen, aus einer Pariser Privatsammlung eine größere Anzahl von Lithographien Honore Daumiers zu erwerben. Die Blätter sind einseitig bedruckt, manche von ihnen handkoloriert, und befinden sich in einem außergewöhnlich gutem Erhaltungszustand. Unter den zum Teil aus der Fachliteratur bekannten Arbeiten stammen einige aus der Serie „Les consaques pour rire“, während die anderen — Sittenbilder und Karikaturen — bürgerliche Schwächen und Laster, soziale Mißstände und politischen Wahn geißeln.

Daumier hat zu seinen Lebzeiten nahezu 4000 Lithrographien geschaffen, und seine große zeichnerische Meisterschaft, die nicht nur an die Karikaturen Leonardos, sondern auch an die „Capricchios“ Goyas und an Callot anknüpfte, wird im Vergleich mit Arbeiten von Zeitgenossen, die ebenfalls ausgestellt sind, besonders deutlich. Dieser leidenschaftlich engagierte Maler, Graphiker, Karikaturist und Bildhauer, der vor 165 Jahren geboren wurde und 1879 nahezu blind und fast vergessen starb — sein Freund und Kollege J. B. Corot, ein ebenso bedeutender Künstler, rettete ihn vor der bittersten Armut der letzten Jahre — hatte seine Ausbildung in Paris erfahren und 1830 als Karikaturist für die Zeitschrift „La Caricature“ begonnen.

Seine Lithographien griffen mit schonungsloser Härte und revolutionärem Pathos politische und soziale Mißstände an, die Niedertracht und Dummheit, die sich für ihn im Bürgerkönigtum der Bourgeoisie, im Militär und — wie bei Moliere — im Advokaten verkörperte. 1832 ließ ihn König Louis Philippe, dessen Birne er als Birne verewigte, ins Gefängnis werfen, weil er ihn auch noch als Gargantua dargestellt hatte. Nach 1848 wandte er sich erst der Malerei zu.

Seine Bilder, auf starke Hell-Dunkel-Wirkungen, Gegenlichteffekte, großzügige kalligraphische Pinselführung und monumentale Formen aufgebaut, fanden aber nicht den Beifall des Publikums, weil die beabsichtigte skizzenhafte Wirkung ihnen zuwenig ausgeführt erschien. In seiner ebenso leidenschaftlich modellierten Kleinplastik — Karikaturen von Politikerköpfen und Typen — nahm er, wie in der Zeichnung, der Malerei und der Lithographie, spätere Entwicklungen vorweg. Als einer der größten Künstler der Neuzeit steht er unwegdenkbar im großen Strom europäischer Tradition.

Das heute seltene Debüt einer voll ausgereiften und äußerst bemerkenswerten Künstlerin findet derzeit in der Galerie „sur terrain“ am St.-Elisabeth-Platz statt. Dort stellt Martha Coufal-Hartl zum erstenmal ihre Kleinplastiken, Medaillen und farbigen Linoldrucke aus. Die Kleinplastiken aus Serpentin zeigen mit großer Einfühlung aus dem Stein entwickelte freie Formen, die sich zwischen Gegenständlichkeit und abstrakten Volumen bewegen und in den Linoldrucken mit Subtilität und Raffinement auf der Fläche variiert werden.

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