Inflation ist nicht vorbei

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Über die Zusammenhänge der Inflation und das Versäumnis der Regierung, sie klarzustellen.

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Über die Zusammenhänge der Inflation und das Versäumnis der Regierung, sie klarzustellen.

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Es hat sich eine skurrile Vorstellung verbreitet: dass auf geheimnisvolle Weise die Inflation im nächsten Jahr verschwindet, so wie ein Sturm vorübergeht. Wirtschaftliche Mechanismen sprechen dagegen.

An der Inflation ist nicht nur Putin schuld. Energiekosten sind wirksam, quer durch die Wirtschaft, weil sie überall als Vorprodukte drinnen stecken. Aber schon zuvor hatten wir eine Verfünffachung der Geldmenge durch die Europäische Zentralbank: Die gleiche Menge an Waren und Diensten, fünfmal mehr Geld – das macht alles teurer. Die Maßnahme diente zur Bewältigung der 2008er-Krise, aber auch dem Zusammenhalt der Europäischen Union: Geldgeschenke. Nullzinsen produzieren unrentable Investitionen. Coronaleistungen der Regierungen: noch mehr Geld, für alle; Konkursverschleppung. Und jetzt kostet der Öko-Umbau (auf individueller und kollektiver Ebene) viel Geld, weil Nachfrage erzeugt wird, die nicht befriedigt werden kann. Weil alles teurer wird, muss wieder der Staat Geld zuschießen. Aufrüstung kostet Geld. Und letztlich verlangen die Gewerkschaften noch ihre Zehnprozenter bei den Einkommen: Kosten, die erst im nächsten Jahr eingepreist (oder durch Kündigungen eingespart) werden. (Aber es ist verlockend für Gewerkschaften, durch aktuelle Proteste in mehreren Ländern ihre Bedeutung endlich wieder gesteigert zu sehen.)

Inflation bedeutet: Das bereits ausgegebene Geld muss verdient werden, indem Inflationsraten nicht gänzlich abgegolten und ersparte Vermögen abgewertet werden. Nach diesem Prozess geht es allen schlechter, vor allem dem Mittelstand. Die oberen Einkommensschichten haben Ausweichmöglichkeiten, die unteren werden entgolten. Frankreich ruiniert sich. Keine Regierung schafft es, der Bevölkerung die Zusammenhänge klarzumachen.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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