Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Kreisky schreibt
Reden, Meinungsäußerungen und Aufsätze eines Politikers aus mehreren Jahren seines Wirkens (vom Außenminister über die Oppositionsführung bis zum Regierungschef) könnten den Charakter einer Bilanz tragen. Sie könnten auch markante Stationen eines Lehens dokumentieren.
Bei Bruno Kreiskys „Aspekte des demokratischen Sozialismus” handelt es sich allerdings um die Zusammenfassung eines Weltbildes, das die Sozialdemokratie am Ende dies Jahrhunderts bestimmen könnte: zwischen den Polen einer möglichst weit empfundenen Demokratie als Mitbestimmung möglichst aller und der evolutionären Annahme technischer Vorgänge, mit denen die Gesellschaft fertig werden muß; das ist es, was Bruno Kreisky ausmacht Da spricht nicht der Austromarxist (der der Sohn wohlhabender Bürger auch niemals war), nicht der dogmatisch fixierte Geselischaftsveränderer aus Prinzip: hier spricht der Pragmatiker der Macht, der die Gesellschaft nicht als abstraktes Versuchskaninchen, sondern als Sammlung menschlicher Existenzen annimmt und aus dieser humanistischen Einsicht nur jene Postulate gelten läßt, die im letzten dem einzelnen Menschen zugute kommen.
Freilich, dem Beobachter der österreichischen Szene drängt sich so manche Diskrepanz in der Tagespolitik Kreiskys zu seinen gedruckten Vorstellungen auf. Aber ist das nicht immer so im Leben?
Ossip Flechteim spricht im Vorwort das als Forderung des sozialdemokratischen Menschenbildes aus, was auf Kreisky selbst bereits zutrifft: ein politischer Homo huma- nus, der sich als mündiger Welt- und Zukunftsbürger versteht.
Man sollte Kreiskys Buch vor allem solchen Politikern zum Lesen geben, die sich selbst noch nie so offen geäußert haben — weil sie es nicht wollen oder nicht können. Erst dann mag man Kreiskys Thesen auch
ASPEKTE DES DEMOKRATISCHEN SOZIALISMUS. Von Bruno Kreisky. Paul-List-Verlag, München. 200 Seiten, DM 10,—.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!