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Orden im Aufbruch?

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In den ersten Tagen dieses Jahres haben wir zu dritt Mitbrüder in der Slowakei besucht. Wir haben nur wenige, aber doch die verantwort­lichen getroffen, die über die Situa­tion einen Überblick hatten. Die Begegnungen waren bewegend und aufschlußreich.

Am 13. April 1950 wurden in der Tschechoslowakei alle Männeror­den aufgelöst. Die Redemptoristen hatten damals eine Ordensprovinz im tschechischen Teil und zwei Viceprovinzen in der Slowakei; eine der Viceprovinzen ist griechisch­katholisch. Insgesamt zählte die Provinz mit den beiden Vicepro­vinzen im Jahre 1948 270 Mitglie­der. Diese lebten und arbeiteten in 27 Klöstern. Als die Klöster 1950 aufgelöst wurden, kamen die mei­sten Mitbrüder in Konzentrations­klöster; manche auch ins Gefäng­nis. Nach und nach konnten dann die einzelnen auch privat wohnen und in weltlichen Berufen arbei­ten. Priestern wurden in späterer Zeit auch seelsorgliche Arbeiten in Pfarrgemeinden oder Anstalten übertragen. Allen Orden war es streng verboten, neue Mitglieder aufzunehmen.

Gegenwärtig gibt es bei den Redemptoristen in der Slowakei sozusagen drei Generationen. Die Generation der älteren Patres, die bis 1950 in Klöstern gelebt hat. Die Generation jener, die in der Zeit des Prager Frühlings geweiht wur­den, und jener, die schon vorher geheim geweiht worden waren und dies nun bekannt machten und ab dieser Zeit als Priester arbeiten durften. Und die jüngste Genera­tion, die in den letzten 20 Jahren meist geheim Theologie studiert hatten und geheim geweiht wur­den oder jetzt das Studium fortset­zen. Jene, die geheim geweiht wur­den, haben einen weltlichen Beruf und konnten bisher nicht offen als Priester wirken.

Die Mitbrüder, die wir getroffen haben, sind nun voll Hoffnung und Zuversicht. Sie hoffen, zunächst einige Klöster zurückzugewinnen. Das ist nicht einfach. Zwei Bei­spiele: Das Kloster in Bratislava ist zur Zeit ein Internat für Mädchen. Die Klosterkirche in Michalovce wurde der russisch-orthodoxen Kirche übergeben, und im dortigen Kloster wohnt unter anderem auch der orthodoxe Bischof und hat auch dort sein Ordinariat. Trotzdem hofft man, an beiden Orten zunächst einige Räume zurückgewinnen zu können, um einen Anfang zu ma­chen. Aber das ist nicht das Haupt­problem.

Die meisten Tätigkeiten, die die Redemptoristen vor 1950 ausüb­ten, waren durch mehr als vierzig Jahre verboten. Es ist die Tradition abgebrochen. Es müssen also auch die Aufgaben und Tätigkeiten neu entdeckt und gefunden werden. Das Aufgeben der bisherigen Arbeits­bereiche, sei es in Pfarren oder in weltlichen Berufen, muß verbun­den werden mit dem Suchen nach neuen Aufgaben als Ordensgemein­schaft.

Abgebrochen ist auch die Tradi­tion, in Kommunitäten zu leben. Alle, die nach 1950 eingetreten sind, haben noch nie in Klöstern gelebt. So muß auch diese Form des Lebens neu entdeckt und eingeübt werden. Eine offene Frage ist auch die fi­nanzielle Grundlage.

Noch viel schwieriger ist die Si­tuation in Böhmen und Mähren. Dort gibt es bedeutend weniger jüngere Mitbrüder; das Durch­schnittsalter ist 75 Jahre. Und auf­grund des großen Priestermangels können auch die Patres viel schwie­riger von den Pfarreien abgezogen werden, da ja die meisten nicht nur eine, sondern mehrere betreuen. -Trotzdem gibt es auch hier Pläne, wieder neu zu beginnen.

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