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Parsifal -penetrant

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(Staatsoper, Wien) Wenn es Ostern wird, pflegt sich gerne der geläuterte Siegfried, alias Parsifal, der Gralsburg unseres Opernhauses zu nähern. Auf Wagners letztem Werk lastet der Fluch des „Bühnenweihfestspieles“: Ihm entkommt m/tn am besten durch Diskretion in der Anwendung der Symbolik. Wesentlich penetranter, als dies je sein Schöpfer gefordert hatt wird in der Inszenierung August Everdings die pseu-do-christliche Komponente des Werkes in den Vordergrund gerückt - vom Altar, der sich an der Rampe unter einem großen Kreuz erhebt, über das Abendmahl in beiderlei Gestalt, das den Rittern gespendet wird, bis zur Empfehlung an das Publikum, nach dem ersten Akt nicht zu applaudieren.

Das solcherart mit Zischen zu ehrfurchtsvollem Schweigen gebrachte Publikum wurde allerdings nach der Pause mit vehementem Pro- und Kontra-Geschrei an die weniger feinfühlige Gegenwart erinnert, die eine durchaus anerkannenswerte Dirigentenleistung, wie sie Horst Stein bot, in den Strudel extrem emotionaler Auseinandersetzungen zog. Das von ihm geführte Orchester sorgte immerhin für den blumenreichen, soliden Klangteppich unter den Stimmen von guten, wenn auch nicht immer überragenden Sängerpersönlichkeiten.

Die stärkste wurde durch Walter Berry repräsentiert, der als kahlköpfiger Tataren-Klingsor auf der Zinne seines Schlosses eine besonders gute Position bezogen hatte, um von dort aus mit prächtigem Einsatz und bester Diktion seine Mannen gegen Parsifal zu Felde zu rufen. Auch dieser, von Siegfried Jerusalem verkörpert, gewann durch gesunde Kraft und intelligente Phrasie-rung alle Sympathien für sich, In “ dem von Jürgen Rose als farbenprächtiger Blütenkelch drapierten Blumengarten fand er in Leo-nie Rysanek-Gausmann eine lyrisch wie dramatisch gleich souveräne Kundry. Sein Mentor Gurnemanz war in der Interpretation durch Karl Ridderbuch ganz der milde Greis, der durch Weisheit und Diskretion häufig unter den weniger delikaten Klangfluten des Orchesters zu leiden hatte. Seiner dramatischen Aufgabe wurde Bernd Weikl als Amfortas nicht ganz gerecht. Unter den Blumenmädchen gab es eine böse Fehlbesetzung, die leider ins Gewicht fiel.

Das Geheimnisvolle dieses Werkes, das noch am ehesten seine verlogene Philosophie zu kaschieren imstande ist, war an diesem Abend nicht vorhanden, •am wenigsten in den jede Illusion verhindernden Verwandlungen der Waldlandschaft in die Gralsburg.

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