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Teityitarbeit

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Manche Bedürfnisse der Bevölkerung sind so evident, daß man eigentlich keine Meinungsbefragung braucht, um sie zu erfassen. Wird die Demoskopie auf Kosten der Steuerzahler trotzdem bemüht, laßt das meiner Meinung nach nur zwei Schlüsse zu: Entweder lebt der Auftraggeber im Wolkenkuk-kucksheim eines Ministeriums oder einer Kammer; oder er will aus machtpolitischen (oft auch persönlichen) Gründen der Mehrheit „beweisen“, daß sie eigentlich eine Minderheit ist.

Wie das geht? Ohne dem ehrbaren Gewerbe der Demoskopen nahetreten zu wollen: Durch eine entsprechende Fragestellung. Auf die Frage, ob sie die Zeitung X „sehr vermissen“ würden, antwortet, wie man aus Erfahrung weiß, auch ein großer Teil der regelmäßigen Leser mit „nein“.

In Sachen Ladenschluß und Teilzeitarbeit kommt mir das beispielsweise so vor. Keine Umfrage der Welt kann mich von meiner Meinung abbringen, daß die überwiegende Mehrheit der Österreicher mit den derzeitigen Ladenöffnungszeiten unzufrieden ist. Auf die Frage, ob sie das Einkaufen unmöglich machen, würde freilich auch ich mit „nein“ antworten.

Ebenso widersprechen die jetzt vorgelegten Ergebnisse zum Thema „Teilzeitbeschäftigung für Frauen“ und ihre Interpretation durch Johanna Dohnal allen meinen persönlichen Erfahrungen in Betrieben: Auf Grund der unübersehbaren Vorteile, die Teilzeitarbeit Frauen mit Familie bietet, ist die Nachfrage nach diesen Arbeitsplätzen ebenso groß wie die Zufriedenheit mit dieser Form der Berufstätigkeit. Im Gegensatz zu den Erkenntnissen der Frau Staatssekretär habe ich die Erfahrung gemacht, daß es weit schwieriger ist, teilzeitbeschäftigte Frauen aus betrieblichen Notwendigkeiten dazu zu bringen, ganztags zu arbeiten als umgekehrt.

Daß — laut der zitierten Umfrage — hochgerechnet 60.000 derzeit teilzeitbeschäftigte Frauen lieber ganztags arbeiten wollten, aber keinen entsprechenden Arbeitsplatz finden, ist dazu für mich kein Widerspruch: Bekanntlich finden — je nach Saison — 150.000 bis 200.000 Österreicher überhaupt keinen Arbeitsplatz. Die Streichung der ungeliebten 60.000 Teilzeitarbeitsplätze würde diese Situation nicht nur nicht verbessern, sondern drastisch verschlechtern. In diesen 60.000 Fällen rechnen sich Ganztagsarbeitsplätze eben offensichtlich nicht. Oder glaubt Frau Dohnal etwa, die Unternehmen würden, obwohl sie eigentlich Ganztagsarbeitskräfte brauchen, den Arbeitnehmern oder dem Sozialministerium zu Fleiß nur Teilzeitarbeitsplätze anbieten?

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