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Er sprach davon, dass es den Erfordernissen der Zeit besser entspreche, wenn die Kirche die "Überzeugungskraft ihrer Lehre" dartäte und nicht gleich eine Verurteilung ausspräche. Johannes XXIII., der Obiges bei der Eröffnung des II. Vatikanums äußerte, darf seit wenigen Tagen "Seliger" genannt werden. Rom sorgt aber dafür, dass alles im Lot bleibt, und so ist Pius IX., bei dem Verurteilungen ungleich lockerer saßen, ebenfalls selig.

Kenner der Vorgänge konnten daher wenig überrascht sein, als letzte Woche die vatikanische Glaubenskongregation mit dem Schreiben "Dominus Iesus" nicht nur der "pluralistischen Religionstheologie" eine harsche Absage erteilte, sondern auch die reformatorischen Konfessionen entrüstete, weil sie diesen die Bezeichnung "Kirche" abspricht (Reaktionen: Seite 7 dieser furche).

Es ist legitim, im Dialog mit den Religionen und mit den getrennten Christen die eigene Position klarzulegen. Und es ist wichtig, hier auch auf Gefahren hinzuweisen - in jeder theologischen Auseinandersetzung geschieht solches. Doch wenn Rom wie in "Dominus Iesus" spricht, überzeugt es andere nicht und lässt vor allem die nötige Demut, im Dialog zu lernen, vermissen: Demonstrationen der Selbstgewissheit, überdies noch in einer verletzenden Sprache geäußert, sollten längst obsolet sein.

Das berechtigte Misstrauen - nicht nur der Protestanten -, Rom verstehe Ökumene bloß als Heimholung von Abtrünnigen in den Schoß der katholischen Kirche, wird damit weiter genährt. Und einmal mehr ist offenbar, wie sehr in Rom die blanke Angst vor den Entwicklungen der Zeit regiert - wie zur Zeit Pius IX., der jetzt ja ein "Vorbild für die Kirche" ist.

Der selige Johannes XXIII. sagte 1962 bei der Konzilseröffnung auch, es geschehe nicht selten, "dass Stimmen zu Uns dringen und Unser Ohr verletzen, die zwar von religiösem Eifer brennen, aber nicht in gleicher Weise mit Takt und Urteilsvermögen begabt sind". Kardinal Ottaviani, der damalige Chef der Glaubenskongregation sei, so die Berichte, mit versteinerter Miene daneben gesessen.

"Dominus Iesus" zeigt, dass obige Worte Johannes XXIII. unvermindert gelten: Die Angst der heutigen Glaubenshüter ist nicht geringer als jener zur Konzilszeit; diesmal weist sie jedoch niemand in die Schranken.

Angst - das gilt erst recht für die katholische Kirche - ist aber ein denkbar schlechter Ratgeber.

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