Der Ökumeniker als Anwärter auf den Patriarchenstuhl

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Mehr als 2000 Delegierte der Kirchen Europas sind dieser Tage im rumänischen Hermannstadt/Sibiu zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung zusammengekommen. Erstmals ist ein mehrheitlich orthodoxes Land Gastgeber eines solchen ökumenischen Großevents. Rumänien ist in puncto Ökumene erheblich "vorbelastet", gibt es hier - im Gegensatz zu anderen orthodoxen Regionen - ein mehr als offenes Klima. Seit langem ist Metropolit Daniel (Ciobotea) von Ia¸si, einer der bedeutendsten rumänisch-orthodoxen Theologen, ein Vorkämpfer für die Ökumene - selbst in schwierigen Zeiten. Fast selbstverständlich, dass Metropolit Daniel zu den Hauptrednern der Ökumenischen Versammlung in Hermannstadt/Sibiu gehört.

Dan Ilie Ciobatea wurde 1951 im westrumänischen Bezirk Timi¸s geboren. Nach seiner orthodox-theologischen Ausbildung in Sibiu/Hermannstadt und Bukarest studierte er je zwei Jahre an der protestantischen Fakultät in Straßburg und der katholischen Fakultät in Freiburg. 1979 erhielt er das protestantische Theologie-Doktorat in Straßburg, ein Jahr später dessen orthodoxes Pendant in Bukarest. 1980-88 lehrte Ciobatea am Ökumenischen Institut in Bossey bei Genf und an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Fribourg, wo der spätere Wiener Kardinal Christoph Schönborn Dogmatik-Professor war.

1987 trat er ins Kloster Sihastria ein und nahm den Namen Daniel an. Drei Jahre später wurde der erst 39-Jährige zum Erzbischof der ostrumänischen Metropole Ia¸si sowie zum Metropoliten von Moldau und Bukowina und damit zur faktischen Nummer Zwei der rumänischen Orthodoxie gewählt. Seit damals unterrichtet Metropolit Daniel an der orthodoxen Fakultät der Stadt und nimmt große kirchliche Repräsenationsaufgaben war. So engagierte er sich führend in der Konferenz Europäischer Kirchen, dem Zusammenschluss der nichtkatholischen Kirchen Europas; schon 1997 bei der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz spielte er eine markante Rolle.

Metropolit Daniel ist ein gefragter theologischer Gesprächspartner auch der nichtorthodoxen Kirchen, seine Expertise und Dialogfähigkeit brachte er auch immer wieder bei Symposien der Stiftung Pro Oriente ein. Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in Hermannstadt/Sibiu soll, so wünscht sich Metropolit Daniel, vor allem die "Ökumene der Solidarität und Spiritualität" voranbringen.

Seit dem Tod des rumänisch-orthodoxen Patriarchen Teoctist I. am 30. Juli, führt Metropolit Daniel als Locum tenens die laufenden Geschäfte seiner Kirche. Am 12. September, drei Tage nach Ende der Ökumenischen Ver-sammlung von Sibiu, tritt der Heilige Synod der rumänisch-orthodoxen Kirche zusammen, um den neuen Patriarchen zu wählen. Für viele gilt bei dieser Kür Metropolit Daniel als der logische Favorit.

Doch ausgemacht ist das nicht, denn der Modus bei der rumänischen Patriarchenwahl ist komplex - und bezieht viele mit ein: Zuerst wählt der Heilige Synod, das geistliche Entscheidungsgremium der Kirche, zwei bis drei Kandidaten aus. Daraus trifft dann die unmittelbar danach tagende Nationale Kirchenversammlung - die zu zwei Dritteln aus Laien besteht! - die endgültige Entscheidung, wer das künftige Oberhaupt von Rumäniens orthodoxer Kirche sein wird. ofri

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