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Digital In Arbeit

Feine Strümpfe

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Der Bregenzer Strunpferzeuger hat sich zu einem Paradeunternehmen hochgearbeitet. Nicht nur die Gewinne, auch die Löhne können sich sehen lassen.

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Der Bregenzer Strunpferzeuger hat sich zu einem Paradeunternehmen hochgearbeitet. Nicht nur die Gewinne, auch die Löhne können sich sehen lassen.

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Für Journalisten sind Berichte über die Firma Wolford eine besondere Herausforderung. Objektive Berichterstattung verlangt nun einmal, die Dinge kritisch zu hinterfragen. Allerdings: Im Falle des Bregenzer Strumpfherstellers ist das zwecklos. Sämtliche Parameter deuten auf Er- folg'

Schon die Liste der Auszeichnungen im vergangenen Jahr ist gewaltig: Wolford-Vorstandsvorsitzender Fritz Humer wurde von der Wiener Wirtschaftsuniversität zum „WU-Mana-ger des Jahres 1996” gewählt. Die „WirtschaftsWoche” ernannte ihn gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder, Palmers-Chef Rudolf Humer, zu ihrem letzten „Mann des Jahres”.

Die Tageszeitung „Die Presse” verlieh dem Vorarlberger Paradeunternehmen den „Austrian Award for First Class Business 1996”. Die Jury überschlug sich in ihrer Begründung beinahe vor I .ob: Zu den exzellenten Bilanzkennzahlen kämen „hohe Ertragskraft, Innovationsgeist und geniale Vermarktungsstrategien”. Das Wirtschaftsmagazin „trend” errechnete gar, Wolford sei mit seinen Investitionen das erfolgreichste Unternehmen Österreichs. Daß da etwas dran sein muß, beweist auch die Börsebilanz: Der Kurs der Wolford-Aktie legte binnen eines Jahres um 65 Prozent zu und war damit - na klar - das beste Unternehmen im Fließhandel, der obersten Spielklasse der Wiener Börse.

Das läßt in Zeiten des „Sharehol-der-Value” an eine geknechtete Belegschaft und Massenentlassungen denken. Doch weit gefehlt: Das Unternehmen zahlt bis zu 30 Prozent über dem Kollektivvertrag und stellte im vergangenen Jahr fast 200 neue Mitarbeiter ein. All das wurde vom Wirtschaftsministerium mit dem „Staatspreis für Beschäftigung 1996” belohnt.

Die Liste ließe sich fast beliebig fortsetzen: Um weitpreis der Arge-Alp, Journalistenpreis beim Wiener Börsepreis 1996, und und und.

Was ist das Geheimnis dieses Erfolges? Ein Lokalaugenschein in der Fabrik des Strumpferzeugers in Bregenz läßt es erahnen. Mit einem schier unglaublichen Aufwand wer-

den dort Strümpfe, Bodies und Badeanzüge produziert. Alles ist auf absolute Spitzenqualität ausgerichtet: klimatisierte Räume, modernste Maschinen und Handarbeit, wo immer sie bessere Ergebnisse bringt.

Die Garne werden sogar aus Japan importiert, um bestmögliche Rohstoffe zu verarbeiten. „Wir verarbeiten zum Teil Garne, die unsere Lieferanten exklusiv für uns herstellen”, schildert „Sales-Trainer” Alois Obexer, der seit 40 Jahren für Wolford arbeitet. Auch die Strickmaschinen werden in Bregenz noch einmal adaptiert, um den hohen Anforderungen zu entsprechen.

Gefärbt werden die über 100 verschiedenen Produkte nur mit umweit- und hautfreundlichen Chemikalien. Selbst das kritische Magazin „Öko-Test” anerkannte das neidlos. Bei vielen Mitbewerbern orteten die Tester hingegen die Gefahr von Hautreizungen.

Genäht wird selbstverständlich von Hand. 47.000 Strumpfhosen und rund 5.700 Bodies gehen pro Tag durch die Hände der etwa 400 Näherinnen und Näher. Für einen Body sind dabei, je nach Modell, bis zu 25 Arbeitsgänge nötig. Das kann bis zu 20 Minuten dauern. Motiviert werden die Mitarbeiter ganz profan mit Prämien: „Wir haben ein sehr ausgefeiltes System, das überprüft, ob alle Mitarbeiter die Normen erfüllen”, schildert Obexer. Wer schnell und gut arbeitet, verdient dann auch entsprechend mehr.

Für einen Laien unfaßbar ist die Zahl der Kontrollen: 18 Qualitätsparameter werden laufend überprüft: Nicht nur alle möglichen Abmessungen, auch Dehnbarkeit, Abriebfestigkeit, Farbabweichungen, und vieles mehr. Selbst verpackt werden die Strümpfe händisch, weil da gleich noch eine Kontrolle möglich ist. „Kein Stück verläßt das Haus ohne eine genaue Endkontrolle”, versichert Alois Obexer. PB-Chefin Alina Zimmerhäckel assistiert: „Wenn man etwas verkauft, was für den Normalverbraucher teuer ist, darf man sich keine Fehler erlauben. Da muß man schon etwas bieten.”

Teuer sind die Wolford-Produkte tatsächlich: Für eine Strumpfhose sind schon mal 300 Schilling hinzublättern, also gut und gerne 20 mal mehr als für irgendein Billigprodukt aus dem Supermarkt. Dafür darf sich die Trägerin fühlen wie Models von

Christian Lacroix, Coco Chanel, Thierry Mugler oder Helmut Lang. Die tragen bei ihren Modeschauen nämlich ebenfalls die Produkte aus Bregenz.

Das scheint auch das wahre Geheimnis des Erfolges: Die Strümpfe sind ganz einfach „in”. Und die Bregenzer Firma tut alles, damit das auch so bleibt. Starfotografen wie Helmut Newton und Howard Schatz wurden für die Werbefotos engagiert. Allein die Editoriais, in denen darüber berichtet wurde, würden als geschaltete Anzeigen rund 20 Millionen Schilling kosten.

Das ganze Jahr über jagt ein „Event” das andere - und das weltweit. Mal wird in Marseille eine Boutique-Eröffnung mit einer Vernissage der. Wolford-Werbefotos verbunden, mal werden 120 Gäste mit dem Orient-Express durch England gekarrt. Auch der Börsegang in Wien und Paris wurde in eine große Werbeaktion umfunktioniert: „Wir sind jetzt nicht mehr nur auf den Modeseiten präsent, sondern auch auf den Wirtschaftsseiten”, freut sich Werbedame Zimmerhäckel.

Daß dem Unternehmen bei einer schlechten Wirtschaftslage die Käuferinnen ausgehen könnten, weist Zimmerhäckel weit von sich. Auch aus der Mode könnten die Wolford-Produkte nicht kommen, versichert sie: „Business ist Business. Die Damen in der Geschäftswelt laufen ja nicht in Hosen und Socken herum.”

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