Zum Tod von Peter Matic (1937-2019)
Er war ein Herr. Und er war ein Meister der subtilen Bühnenkunst. Wo immer dieser Schauspieler mit der grazilen Gestalt und der wohltönenden Stimme auftrat, war er sogleich im Blickpunkt der Aufmerksamkeit. Das ereignete sich zuletzt im Burgtheater eher in kleinen, aber scharf umrissenen Episodenrollen. Er war ein gekonnter, doch kein genuiner Nestroy-Spieler: Seiner fein ziselierten Charakterzeichnung kam die satirische Drastik des Wiener Erzkomödianten nicht unbedingt entgegen. Hingegen waren die großen Gesellschaftsstücke der österreichischen Meister ramatiker, von Hofmannsthal über Schnitzler bis Werfel, seine Domäne. Die Figuren in diesen Theaterpanoramen wurden in seiner Rollenbeherrschung zu Glanzstücken grundösterreichischer Schauspielkunst. Seine Vorfahren waren Offiziere der k. u. k. Armee, und das prägte ihn. Nach seiner Schauspielausbildung bei der legendären Dorothea Neff war Peter Matić von 1960 bis 1968 am Theater in der Josefstadt engagiert.
Sein Vorbild war damals der distinguierte Leopold Rudolf, ebenfalls eine markante Stimme. Nach Stationen in Basel und an den Münchner Kammerspielen wechselte Matić 1972 an das Berliner Schillertheater, wo er mehr als zwanzig Jahre lang, bis zur Schließung der Bühne 1993, zum Ensemble gehörte. Dann kehrte er nach Wien zurück, spielte in Hans Hollmanns Inszenierung von Slobodan Šnajders "Der kroatische Faust" im Burgtheater und war ab 1994 dort in insgesamt 85 Rollen zu sehen. Viel umjubelt waren auch seine Auftritte bei den Salzburger Festspielen und in Reichenau. Er lieh dem Briten Ben Kingsley in zahlreichen Filmen seine deutsche Stimme, doch das war für den gewiegten Synchronsprecher nur ein Nebengeschäft. Gewichtiger waren da die eingelesenen Werke der Literatur, allen voran das monumentale Hörbuch von Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". Peter Matić war geprägt durch klassische Bildung, ein Wissender um die Zerbrechlichkeit der Kultur, auch der Theaterkunst, der er unermüdlich diente. Am Fronleichnamstag ist Peter Matić 82-jährig gestorben. Zu Recht nannte ihn Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann "einen der nobelsten, freundlichsten, großzügigsten Kollegen".
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