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Öl und Briefmarken

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Am 4. November werden die Monarchen der neun britischen Schutzstaaten am Persisch-Arabischen Golf in ihrer frisch aus der Taufe gehobenen Bundeshauptstadt Abu Dhabi zu einer neuen Konferenz zusammenkommen, nachdem ihre in der zweiten Oktoberhälfte tagende verfassunggebende Versammlung an Unstimmigkeiten über die Bildung der Bundesregierung und infolge des ultimativen Eingreifens des britischen Residenten Sir Crawford vorzeitig abgebrochen worden war.

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Am 4. November werden die Monarchen der neun britischen Schutzstaaten am Persisch-Arabischen Golf in ihrer frisch aus der Taufe gehobenen Bundeshauptstadt Abu Dhabi zu einer neuen Konferenz zusammenkommen, nachdem ihre in der zweiten Oktoberhälfte tagende verfassunggebende Versammlung an Unstimmigkeiten über die Bildung der Bundesregierung und infolge des ultimativen Eingreifens des britischen Residenten Sir Crawford vorzeitig abgebrochen worden war.

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Die Zukunft der kleinen Insel- und Küstenstaaten zwischen Saudi- Arabien und dem Iran, aus denen sich Großbritannien 1971 politisch und militärisch zurückziehen wird, ist neben dem Palästinakonflikt und der inneren arabischen Auseinandersetzung zwischen progressiv-sozialistischen und traditionsgebundenen Kräften das dritte Problem, das der Nahe Osten zum Ende der sechziger Jahre zu bewältigen hat Die Scheichtiimer Abu Dhabi, Bahrain, Qatar, Sharjah, Dubai, Fujairah, Ras El-Khamai, Umm El-Qawain und Aiman haben nicht nur als Flotten- und Luftstützpunkte sowie als bedeutende Erdöllieferanten eine besondere strategische und wirtschaftliche Bedeutung an der Ostflanke der arabischen Welt: Die Bemühungen um den föderativen, demokratischen Zusammenschluß dieser ebenso unterschiedlichen wie winzigen Staatswesen sind vor allem die Probe aufs Exempel, ob ein gesamtarabischer Staatenbund schon In naher Zukunft möglich sein wird.

Konferenz der Goldscheichs

Die ägyptischen Avantgardisten der arabischen Einheitsidee haben den Modellcharakter der Golfföderation

von dem Augenblick an erkannt, in dem die Regierung Wilson in London ihren Rückzug von den britischen Basen östlich von Suez bekanntgab. Im Einvernehmen mit den Regierungen von Dubai und Umm El-Qawain wurde daher der ägyptische Verfas

sungsrechtler und juridische Berater des Emirs von Kuweit, Dr. Wahid Rifaat, mit der Ausarbeitung des Entwurfes einer Bundesverfassung beauftragt.

Ihre Billigung war nun Aufgabe der 3. Konferenz der Monarchen der Golfscheichtümer, die unter dem Vorsitz Scheich Ahmed Ben Alys von Qatar am 22. Oktober in Abu Dhabi eröffnet wurde. Die drei vorgeschla- genen Bundesinstanzen: Föderationspräsident, Föderationsregierung und Konsultativrat, wurden einmütig gebilligt, doch zeigten sich in der Frage ihrer Besetzung beträchtliche Meinungsverschiedenheiten. Konnte Scheich Zayed Ben, Sultan von Abu Dhabi, noch einstimmig zum ersten

Bundespräsidenten gewählt und seine Residenz zur provisorischen Bundesstadt erklärt werden, bis das föderative Verwaltungszentrum an der Grenze Abu Dhabis nach Dubai erbaut ist, und kamen die neun Herrscher ebenso rasch überein, den Mitregenten von Qatar, Scheich Qalifa Ben Hamad, mit der Ministerpräsidentschaft zu betrauen, so vergingen über dem Thema der Besetzung der 13 von der Verfassung vorgesehenen Bundesministerien endlose, erfolglose Sitzungen. Nach Informationen der britischen Gulf- Residency in Bahrain war es das außenpolitische Ressort, das den Fortgang der Konferenz von Abu Dhabi blockierte.

Für Brandt oder Ulbricht?

Ihre künftige Außenpolitik ist in der Tat eine der elementarsten Existenzfragen für die exponiert gelegene, militärisch allein machtlose und durch ihren Ölreichtum gefährlich begehrenswerte Golfföderation, die sich heute schon mit iranischen Ansprüchen auf die Bahrain-Inselgruppe und Häfen an der Seeräu- berküste konfrontiert sieht. Nach

Osten herrschen unklare Grenzverhältnisse zum Sultanat von Oman und Maskat, das neuestens Mitan- sprüche auf das öl der Golfstaaten erhebt. Das künftige Verhältnis zu Großbritannien, zur amerikanischen Erdölförderung im Inneren der Halbinsel, das den Küstenstaaten Schwierigkeiten in den Weg legen könnte, und schließlich die Stellungnahme zu der im arabischen Raum diplomatisch hochaktuellen deutschen Frage, in der sich Ministerpräsident Qalifa Ben Hamad für Brandt oder Ulbricht entscheiden muß, sind Probleme, die nicht in wenigen Tagen gelöst werden können.

Überdies gab es persönliche Rivalitäten um die Besetzung des Außenministerpostens, die von der „Politischen Agency“ Großbritanniens in Abu Dhabi durch einen ultimativen Appell zur Eintracht mehr gesteigert als beschwichtigt wurden. Die Konferenz löste sich vorzeitig auf, um nun nach Konsultationen in den verschiedenen Residenzen der Scheichs erneut über die Zusammensetzung des ersten Föderationskabinetts zu beraten.

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