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Überirdische Weggefährten

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Gänzlich abgehoben - in durchaus positivem Sinne - präsentiert sich die diesjährige Festwochenausstellung in der Kunsthalle Wien mit dem Titel „:Engel :Engel -Legenden der Gegenwart”.

Ausgangspunkt der von Cathrin Pichler konzipierten Schau, in der Arbeiten von über 50 zeitgenössischen Künstlern gezeigt werden, ist der „moderne” Engel, der seit Beginn unseres Jahrhunderts zu einer Denkfigur und Metapher für den Menschen wurde.

In der heutigen Welt, die einer ständigen und rasanten Veränderung unterworfen ist, fehl! es dem Menschen an eindeutigen Richtlinien für sein Dasein. Zwangsläufig muß er sich immer wieder auf die Suche nach

Identität(en) begeben. - Der Engel, von seiner Geschichte her selbst vieldeutig, steht für die Fraglichkeit und Unbestimmbarkeit des Menschen, „für das philosophische Problem der letzten Einsicht oder als Metapher für die Möglichkeit, den Ideen Präsenz und Wirklichkeit zu verleihen. Immer noch ist es eine Art von Kraft, die er verkörpert, die vis imaginativa, die profanisiert nun die Darstellung betrifft - sei es die der Kunst oder die der Philosophie.” Gerade die Künstler, indem sie sich der Rationalität widersetzen und das „Andere” vermitteln, sind heute den Engeln am nächsten.

Das Faszinierende an Engeln - wie aus den Exponaten der Ausstellung hervorgeht - ist vor allem ihr dualistisches Wesen: weder göttlich noch menschlich, weder ausschließlich gut noch ganz böse, weder weiblich noch männlich,...

Demzufolge beschäftigt sich eine Reihe von Künstlern mit dem Thema der Homo-, Trans- und Intersexualität (Helen Chadwick, Nan Goldin, Greer Lankton, David Wojnarowicz). Wie überhaupt der Körper oder das Gesicht zur Projektionsfläche eines anderen Ich wird (bei Gary Hill, Mike Kelley, Bruce Nauman, Thomas Ruff). „Eine solche Kunst profaner Transzendenz kann den Menschen bloßlegen bis zum schieren Schrecken, sie kann aber auch Visionen voller Schönheit entwerfen.” So finden sich poetische Annäherungen an die himmlischen Wesen - abgesehen von einer Vielzahl theoretischer und literarischer Texte im Katalog -etwa bei Javier Perez mit seinem Kleid aus Seidenraupenkokons oder im Engeldetektor (Gautel & Karain-dros), der - bei absoluter Stille - aufleuchten würde, wenn ein Engel vorbeikäme ...

Um den Engel zu erkennen, hatte schon der biblische Bileam eines „Detektors” bedurft: Er hatte sich mit seiner Eselin aufgemacht, das Volk Israel zu verfluchen. Um das zu verhindern, stellte sich ihm dreimal ein Engel in den Weg, den aber nur die Eselin sah, während Bileam auf das „störrische” Tier einschlug. - Bis Gott der Eselin den Mund und Bileam schließlich die Augen öffnete...

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