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20.000 Österreicher sind drogensüchtig

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Alarmberichte von der Drogenfront erwecken den Eindruck, der Krieg gegen die Drogenmafia sei fast und die Jugend der Industrieländer demnächst verloren.

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Alarmberichte von der Drogenfront erwecken den Eindruck, der Krieg gegen die Drogenmafia sei fast und die Jugend der Industrieländer demnächst verloren.

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Wie sieht die Situation nun tatsächlich in Österreich aus? Alfred Uhl vom Ludwig-Boltz- mann-Institut für Suchtforschung erläutert den Stand der Dinge. Seit Beginn der siebziger Jahre habe sich der Anteil der Jugendlichen, die Drogen ausprobieren, nicht wesentlich verändert. „Ungefähr ein Viertel einer Alterskohorte macht Erfahrungen mit illegalen Drogen. Meist wird ein- oder zweimal Haschisch probiert,“ stellt Uhl fest. Aber dabei bleibe es fast immer.

Das heißt nicht, daß schon jeder vierte Österreicher auch Erfahrungen mit Drogen hat. Denn erst seit den späten sechziger Jahren hätten sich die Jugendlichen insbesondere für Cannabis-Produkte interessiert. Bei den heute über 50jährigen habe kaum jemand Erfahrung mit Drogen.

Am ehesten probieren es Jugendliche in der Großstadt, Maturanten und Burschen.

Nun, Drogen zu probieren und süchtig zu werden, sei zweierlei, betont Uhl. Hier die Zusammenhänge in der rechten Form aufzuzeigen, sei eine Gratwanderung: Man dürfe die Problematik weder bagatellisieren, noch übermäßig dramatisieren. Zweifellos sei die Gefahr, süchtig zu werden, für jene, die sich mit Opiaten einlassen, relativ hoch. Eltern aber, die erfahren, daß ihr Kind gehascht habe, müssen andererseits deswegen nicht schon jede Hoffnung auf eine gedeihliche Zukunft des Nachwuchses fahren lassen.

Allgemein wird geschätzt, daß die Zahl der Drogensüchtigen in Österreich bei rund 20.000 liegt — Tendenz steigend. Das ist leicht einzusehen. Zwar bleibt der Anteil derjenigen, die Drogen probieren, in den jugendlichen Alterskohorten annäherend gleich hoch (25 Prozent, wie gesagt), aber innerhalb der gesamten Bevölkerung steigt der Anteil der Altersklassen, die es eben schon probiert haben und damit auch die Wahrscheinlichkeit, süchtig zu werden.

Dazu kommt ein weiteres: Die Drogen haben in der kriminellen Szene Einzug gehalten. Früher galten Dro gensüchtige unter den Ver- irechern als minderwertig, deute greifen aber die jungen Criminellen selbst zu Drogen und haben Kontakt zu Suchtgiftkreisen. Da ist eben viel Geld zu verdienen.

Die Drogenszene ist ein Hoffnungsmarkt für Kriminelle. „Damit entsteht die Ausbreitung des Drogenkonsums auf eine Gruppe, die in mehrfacher Hinsicht gefährdet ist.“ (Uhl)

In der Szene wird daher die Gangart rauher. Das erkläre aber noch nicht den zuletzt verzeichneten enormen Anstieg der Zahl der Drogentoten.

Hier spiele eine Rolle, daß eine kleine Gruppe besonders junger Leute über die „offene Szene“ (Stichwort Wiener Karlsplatz) an Drogen herankomme und diese oft falsch dosiere, was zur Einnahme tödlicher Überdosen führen kann. Weiters komme der Umstand zum Tragen, daß in den letzten Jahren die Preise gesunken und der Reinheitsgrad der Drogen und damit ihre Wirkung enorm gestiegen sei, was ebenfalls leicht zur Überdosierung führen könne. Und schließlich sei noch zu bedenken: Wer einmal als Drogenabhängiger registriert ist, wird im Falle seines Ablebens meist als Drogentoter eingeordnet — egal, woran er gestorben sei.

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