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Drogen-Design aus dem Osten Europas

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Weiter steigende Tendenz in der Szene: Mehr Tote, mehr Süchtige und Beschlagnahme größerer Mengen unterschiedlichster Drogen.

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Weiter steigende Tendenz in der Szene: Mehr Tote, mehr Süchtige und Beschlagnahme größerer Mengen unterschiedlichster Drogen.

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Der Drogenmißbrauch nimmt weltweit zu, er umfaßt schwere Suchtgifte, wie Opiate, Kokain und psychotrope Substanzen ebenso wie Alkohol. Die Auswirkungen sind sowohl für die Gesundheit des einzelnen als auch für die Struktur der gesamten Gesellschaft gefährlich. Experten schlagen ein härteres Durchgreifen unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Möglichkeiten und ein Erkennen der sozio-kulturel-len und wirtschaftlichen Zusammenhänge als Gegenmaßnahmen vor.

Erst vor kurzem hat der Suchtgiftkontrollrat der Vereinten Nationen in Wien einen erschütternden Bericht vorgelegt. Von über 40 Millionen Menschen ist bekannt, daß sie süchtig sind, die Dunkelziffer ist viel höher. In Österreich gab es 1993 mehr als ^00 Todesopfer, 1992 waren es 187, im Jahr davor 116. „Die Situation hat sich weltweit verschlechtert", konstatiert der österreichische Vertreter im UN-Rat, Gottfried Machata. „Eine Liberalisierung von Drogen, wie in den Niederlanden oder in der Schweiz, hat keine Erfolge gebracht. Strengere Kontrollen, härtere Strafen und eine Senkung der Nachfrage" fordert deshalb der erfahrene Gerichtschemiker, der als Toxikologe viele Jahre am Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Wien tätig war.

STRATEGIEN IM KAMPF

Der Suchtgiftkontrollrat hat Strategien zur Senkung der Nachfrage ausgearbeitet: Information über die Gefahren des Drogenkonsums durch Lehrer, Gesundheitspersonal und Sozialarbeiter; Behandlung von Drogenabhängigen und Einghederung in die Gesellschaft, Herabsetzung der schlimmsten Auswirkungen des Drogenmißbrauches, wie Kriminalität und Infektionsgefahr. Vor allem für die Behandlung von Drogenabhängigen sind jedoch in Österreich viel zu wenig Möglichkeiten vorhanden.

Unter der Kontrolle des Rates stehen Suchtgiftstoffe, das sind Opiate, Kokablatt und Kokain sowie Kanabis; psychotrope Substanzen, dazu zählen Halluzinogene, Aufputschmittel, Bemhigungs-mittel und Analgetika. Die meisten von ihnen sind auch in Medikamenten enthalten und wirken auf das zentrale Nervensystem. Inhalationsmittel, die psychoaktive Dämpfe erzeugen, und Kat (Blätter der Pflanze Catha Edulis), die aufputschend wirken, sind derzeit nicht unter Kontrolle.

Die UN-Konvention aus dem Jahr 1971 über die Kontrolle psychotroper Substanzen ist übrigens von Österreich nicht ratifiziert worden, die heimische Pharma-Indu-strie überwacht sich selbst!

SCHWIERIGE KONTROLLE

Besonders schwierig zu kontrollieren sind die Vorläufer-sübstanzen, jene Wirkstoffe, die bei der Verarbeitung und Herstellung von Drogen verwendet werden. Je nach ihrer Zusammensetzung können sich diese Substanzen zu einer Droge oder einer Zwischenform verbinden.

Durch die Öffnung der Grenzen in die Oststaaten kommen jetzt verschiedenste Wirkstoffe nach Westeuropa, die offenbar frei erhältlich sind und früher für die Herstellung von Drogen verwendet wurden. Auch in Österreich sind bedenkliche Vorläufersubstanzen, vor allem für die Erzeugung von Hustensäften, entdeckt worden. Noch gefährlicher schätzen die Toxikologen den auch in Europa einsetzenden Trend zu Designer-Drogen ein.

Chemisch kontrollierte Substanzen werden so verändert, daß neue pharmakologische Produkte entstehen, deren Eigenschaften oft noch verstärkt sind. Die Drogen-Designer sind oftmals Chemiker aus den östhchen Nachbarländern. „Besonders schwere Folgen kann der Mißbrauch dieser Drogen in Kombination mit Alkohol sein, der ja auch zu den süchtig machenden Produkten zu zählen ist. Den Wechsel zwischen Alkohol- und Drogenmißbrauch kann man oft beobachten", warnt Machata.

Was die Trends des Drogenmißbrauches in Europa betrifft, so steht Cannabis an erster Stelle, der Konsum hat sich im östlichen Teil Europas weiter erhöht. Heroin stellt ein immer größer werdendes Problem dar. Es kommt, bedingt durch den Krieg im ehemaligen Jugoslawien, auf einer nördlicheren Linie aus Westasien über Rumänien, Ungarn, die Slowakei und Tschechien nach Westeuropa.

Osteuropäische Flughäfen sind überdies auch Zielgebiet des Kokainschmuggels nach Europa geworden. Und dazu einige Horrorzahlen allein aus Wien: 1993 wurde der Verkauf von 641 Kilogramm Marihuana, 3,4 Kilo Kokain und 48 Kilo Heroin nachgewiesen, 1.370 Dealer, vorwiegend aus der Türkei und Jugoslawien wurden festgenommen.

Doch das ist sicher nur die Spitze des „Schnee"-Berges! Es gibt immer noch zu viele Schlupflöcher in den Gesetzen, meinen dazu die Experten.

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