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Weltbann gegen LSD

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Derzeit tagt in Wien eine UNO-Kon- ferenz zur internationalen Bekämpfung des Rauschgifts. 59 Staaten — unter ihnen auch die Schweiz und Vatikan — wählten den Österreicher Dr. Nettei zum Vorsitzenden.

Ein kurzer Blick in die Vergangenheit vermag die Bedeutung dieser Konferenz, die wie vor knapp zwei Jahren die Vertragsrechtskonferenz („Die Furche“ Nr. 13/1969) Wien in den Mittelpunkt internationalen Interesses rückt, erst richtig zu würdigen. Bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts ließen die Ausbreitung unkontrollierten Rauschgifthandels und Konsums, und die daraus resultierenden Schäden für Volksgesundheit und das öffentliche Wohl das Problem der Rauschgiftbekämpfung als ein den individuellen Bereich eines Staates überschreitendes und damit als ein internationales erkennen. Die Funktion des Gesetzgebers übernimmt hier jedoch die Staatenkoniferenz, die des Gesetzes der multilaterale Vertrag, der das technische Mittel darstellt, internationale Probleme einer juristischen Regelung zuzuführen. So wurde •auf dem Suchtgiftsektor bereits 1912 in Den Haag eine Konferenz einberufen, auf der das auch von Österreich ratifizierte erste Abkommen über die Unterdrückung des Mißbrauchs von Opium und anderen Drogen erarbeitet wenden konnte. Die Wichtigkeit, die man diesem Problem beimaß, läßt sich daran erkennen, daß die UNO bereits im Gründungsjiahr 1945 die Rausch- gifltkonitrolle dem Wirtschafts- und Sozialrat übertrug, der im Februar 1946 dile Internationale Rausch- gifitkommission einsetzte.

Nicht weniger als acht weitere Konventionen wurden bis 1953 abge schlossen, die 1961 in der New Yorker „Einheitlichen Rauschgiftkonvention“ zusammengefaßt und verbessert wurden. Dieses Abkommen schuf unter anderem eine Internationale Rauschgiftkontrollbehörde und zählt im Anhang etwa 90 Substanzen auf, die nunmehr unter internationaler Kontrolle stehen. Zu diesen zählen zum Beispiel Kokain, Heroin, Opium und Morphium.

Das der gegenwärtigen Wiener Konferenz von der UNO-Rauschgiftkom- mission vorgclegte Vertragskonzept soll nun jene Suchtgifte, die von den bisherigen Konventionen nicht erfaßt wenden, unter intemaitianale Kontrolle bringen.

Unter psychotropen Substanzen sind hierbei solche Suchtgifte zu verstehen, die zwar nicht zu den sogenannten .hard drugs“ zu zählen sind — denn die wurden ja bereits 1961 erfaßt —, doch die gerade im vergangenen Jahrzehnt für viele Staaten zu einem echten Problem geworden sind, wie das LSD, und die in vier dem Vertragsentwurf beigeschlossenen Listen auf gezählt sind.

Alkohol und Tabak würden — streng genommen — auch unter die Kategorie der psychotropen Substanzen fallen, doch sind sie ausdrücklich durch Erklärung des Vorsitzenden vom Bereich des Vertragsentwurfs ausgenommen.

Worin bestehen nun die völkerrechtlichen bzw. internationalen Maßnahmen zur Mißbrauchbekämpfung und zur Kontrolle der Erzeugung, des Handels und der Anwendung von Suchtgiften? Zunächst in der taxati- ven, international bindenden Erfassung dieser Substanzen. Bei Auftreten einer bisher nicht erfaßten Droge kann dabei jede Vertragspartei diese der UNO-Rauschgiftkommission zur Kenntnis bringen, die nach Anhören der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die neue Substanz auf die Liste setzen kann. Dieser Akt der Kommission unterliegt jedoch einem Rechtszug an den Wirtschafts- und Sozialrat, der bindend entscheidet. Kernstück der Konvention ist die Verpflichtung der Staaten, durch geeignete Maßnahmen die Erzeugung, Ein- und Ausfuhr, Verkauf, Lagerung, Handel und Anwendung von psychotropen Substanzen ausschließlich medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken zuzuführen. Dieses Grundprinzip wird durch eine Reihe von Detailvorschriften, die zum Teil sehr weitgehend sind, näher durchgeführt, so ist etwa die Erzeugung der Substanzen genehmigungspflichtig und soll staatlich überwacht werden. Therapeutische Substanzen werden unter Rezeptpflicht gestellt. Erzeuger, Großhändler, Importeure und Exporteure sind zu staatlich überwachter Buchführung über den Weg der Substanzen zu verhalten. Zur Durchführung dieser Agenden hat jeder Vertragsstaat ein wirksames Kontrollsystem aufrecht tzuerhalten und alle dem Vertrag widersprechenden Handlungen in seinem Bereich unter strafrechtliche Sanktion zu stellen.

Neben diesen zusammenfassend «dar- gelegten Verpflichtungen „nach innen“ hat jieder Vertragsstaat jährlich der UNO-Rauschgiftkommission einen Bericht über die Anwendung des Protokolls in seinem Hoheitsbereich, über legislative Maßnahmen, Beschlagnahme von Drogen usw. zu übermitteln.

Schließlich enthält der Entwurf eine Streiterledigungsklausel, die bei Streitigkeiten über Anwendung oder Auslegung der Konvention den Internationalen Gerichtshof für obligatorisch zuständig erklärt. Bereits jetzt gilt als sicher, daß vor allem die Ostblockstaaten sich gegen dieses Obligatorium stellen werden, das sie mit ihrer Souveränität als unvereinbar erachten.

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