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Auf den Spuren des Cornet

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DAS SCHLOSS IM „CORNET“ VON RAINER MARIA RILKE. Von Hugo Rokyta. Mit 40 Bildbeilagen und einer Karte. Bergland-Verlag, Wien. Österreich-Reihe Band 323/325. S 30.-.

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DAS SCHLOSS IM „CORNET“ VON RAINER MARIA RILKE. Von Hugo Rokyta. Mit 40 Bildbeilagen und einer Karte. Bergland-Verlag, Wien. Österreich-Reihe Band 323/325. S 30.-.

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Rilke widmete im September 1924 seinem „Cornet“ die Verse: „Da ich in einer Nacht (wie / lang ist's her!) vom Nachtwind angefacht, / aufglühte so, daß dieses Lied von Schlacht / und Lust und Mut und Untergang aus meinem / Blut in seine Gußform sprang — : / Was war ich jung!“ und schrieb in dem Begleitbrief zum Widmungsblatt: „In... einer Herbstnacht, vor fünfundzwanzig Jahren, hingeschrieben, stellt diese Arbeit nicht viel mehr vor, als eine Improvisation —; sie bestünde schlecht vor meinem heutigen Urteil.“ Hugo Rokyta spricht freilich von der „wohl schönsten Reiterlegende in der Literatur aller Zeiten“. 1906 gedruckt, konnten damals kaum 50 Exemplare abgesetzt werden. Heute hat die Gesamtauflage weit die Millionengrenze überschritten.

Aber nicht um die literarische (längst abgeschlossene) Wertung dieser durchaus barocken Dichtung geht es hier, sondern um das Urbild des Schlosses und um die Frage, „welche Provinzen und Landschaften Rilkescher Pamilientradition im .Cornet' eingegangen sind und welchen Platz darin Rilkes böhmische Heimat einnimmt“. Anlaß dazu war die anläßlich der 300. Wiederkehr der Türkenschlacht bei St. Gotthard und Mogersdorf erhärtete Feststellung, daß Rilkes „Comet“ das einzige literarische Dokument dieser „historischen Bataille von großem Gewicht“ sei und jener Christoph von Rilke auf Langenau, der historisch beglaubigte Comet, dem sächsischen Ahnenkreis der Rilkes entstammte. Unter Zuhilfenahme der tschechischen Burgenhistoriographie und Rilkes Vorliebe für Tradition und Abstammung folgend, bietet Rokyta ein Stück Familiengeschichte.

Zahlreich sind die Briefstellen, mit denen Rokyta Rilkes „liebevollen und selbstbewußten Ahnenkult“ charakterisiert, den der Dichter mit „einer längst weggewichenen Vergangenheit etwas Zärtliches anzutun“ umschrieb. „Er mythisdert“, setzt Rokyta mit leiser Ironie hinzu, „die Membra disiecta seiner ,altadeligen' Abstammung auf vorteilhafte Weise.“ So entstand eine Monographie voll von „böhmischer Atmosphäre“, die mit der kaum zu widerlegenden Folgerung schließt, daß das Urbild des Schlosses von Rilkes „Cornet“ im südböhmischen Schloß Kamenitz an der Linde zu suchen sei, dessen allerdings nur sehr kurzfristiger Besitzer der Großvater Johann Joseph Rilke gewesen war. Der imponierende Torturm des Schlosses eröffnet denn auch den trefflich illustrierenden Landschaftsteil.

(PS: Kleine Bitte an den Verlag: Müssen die inhaltlich oft ausgezeichneten Bändchen der Österreich-Reihe derart gefalzt sein, daß sie schon nach der ersten Lektüre in ihre Bestandteile zerfallen?)

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