Bunt wie der Regenbogen

Wenn man den Begriff „Bibliophilenausgabe” auch auf Publikationen im Bereich des Jugendschrifttums anwenden kann, dann darf man gewiß „Der Nordwind und die Sonne” zu den Werken einer sehr differenzierten Buchkunst zählen. Ein Bilderbuch, sparsam im Text, der einer Fabel von Lafontaine nacherzählt ist, versetzt den Leser in eine spätmittelalterliche Szenerie, mit Festungsmauern, Türmen, Kuppeln und hohen Seglern, die an der Reede vor Anker liegen. Kinder werden sich an der leuchtenden Buntheit der Bilder erfreuen, der Erwachsene aber wird den ganzen Reiz der dekorativen, phantaßievol- len Illustrationen des Engländers Brian Wildsmith richtig zu würdigen wissen. Wildsmiths Begabung und Eigenart prädestinieren ihn zum Bühnen- und Kostümbildner für die Lustspiele Shakespeares, Lope de Vegas, Molieres und Goldonis. Es wäre nicht verwunderlich, wenn mancher Vater oder manche Mutter diese schöne Ausgabe des Atlantis- Verlages zeitgerecht „sicherstellte”, um sie vor dem allgemeinen Schicksal der Bilderbücher zu bewahren.

Ebenfalls im Atlantis-Verlag erschien die leicht verständlich erzählte und kindertümlich illustrierte Geschichte „Herr Flupp und seine sieben Enten”. Ein liebenswürdiger kleiner Einzelgänger betätigt sich, frei nach Konrad Lorenz, als Entenvater, dies so lange, bis seine Schützlinge flügge geworden sind.

Eine Kindergeschichte aus Israel legt der Annette-Betz-Verlag vor: „Der kleine Eisverkäufer” von Margalit Galai, die den jungen Leser einen Blick in das Leben der einfachen Leute von Tel Aviv tun läßt, mit deren Freuden, Sorgen und Sehnsüchten. Omri, ein Junge, der auf der Straße und im Kino Eis verkauft, hat einen großen Wunsch: Er möchte den berühmten Filmkomiker Dany einmal von Angesicht zu Angesicht sehen. Als Dany ein Gastspiel in Israel absolviert, kommt er eigens zu Omri und gibt an dessen Krankenbett eine Gratisvorstellung für alle Kinder der Nachbarschaft.

Für die Zehn- bis Zwölfjährigen, die sich bereits über Gelesenes eigene Gedanken machen können, hat Hans Hörler sein Jugendbuch „Veronika und der Regenbogen” geschrieben. Er greift seine Handlung unmittelbar aus der menschlichen Problematik der Zeit: Veronika, ein blindes Flüchtlingsmädchen ist anfangs von den Dorfkindern isoliert. Aber bald findet sie in ihnen hilfsbereite Spielkameraden, die nicht nur das Geld für die rettende Augenoperation aufbringen, sondern sich auch die Unterstützung der Erwachsenen sichern, damit Veronika und deren Angehörige für immer im Dorf bleiben können. Ein gutes Buch, in der doppelten Bedeutung dieses Wortes.