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So ist die Welt, so ist das Leben

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Amateurphotographen aus 49 Staaten der Erde (auch aus Oesterreich) versuchen der Weltwirklichkeit mit der Kamera an den Leib zu rücken. Man greift die Natur an, man geht ins Detail, erregt sich an der Morphologie der Einzelheiten und versucht so, Gestalt und Namen in den Griff, den Begriff zu bekommen. Der Mensch von heute ist fanatisch realitätssüchtig, aber er bleibt dabei Positivist. Der Mangel an Ueberzeugungen, die Entleertheit von inneren und höheren Wirklichkeiten bringen diese Aggression auf das sichtbare Objekt hervor. (Im Gegensatz zur Tendenz der abstrakten Malerei.) Die P.aupe am Rosenblatt, Tautropfen auf Gräsern in vielfacher Vergrößerung sind der hilflose Versuch, den Namen der Dinge, die der erste Mensch noch gewußt hat, wiederzufinden. Daß die immerwährenden Themen, die fast von sinnbildlichem Rang sind, hier auch aufscheinen, nimmt nicht wunder und verleiht dem Ganzen einen humanen Zug. (Das Schiff ruht im Hafen, Spuren im Schnee.) Das Genrebild ist unvermeidlich, leider ebenso künstlerisch getarnte Trivialitäten: von der Miezekatze bis zum Akt hinter Schleiern. Daß der Technik künstlerischer Wert abgewonnen wird, leitet zu jener Kategorie von Lichtbildern über, die künstlerischen, gedanklichen und menschlichen Rang beanspruchen können. Die Vollkommenheit der Apparate trägt natürlich beträchtlich zum Gelingen dieser photographischen Kunstwerke bei, die im Museum für angewandte Kunst, Wien i, Weiskirchnerstraße, zu sehen sind. *

In einem Spital in Kapstadt wurden Negerpatienten dadurch beschäftigt, daß man ihnen Naturpapier und Farben in die Hand drückte und sie zum Zeichnen anleitete. Der beste Teil der Ergebnisse kam bis Wien und ist in der Galerie Wolfrum ausgestellt. Peter Kansenya sieht das Leben nicht durch ein kostbares Zeiss-Objektiv, sondern im Spiegel seiner naiven kindlichen Seele. Mythisches Gut und Brauchtum (Das Regenmachen) und die christlichen Mysterien haben bei ihm den Charakter einer das Sinnfällige übersteigenden Wirklichkeit. David Johnson fuhr als Matrose um die ganze Welt und landet zu guter Letzt doch wieder am „Kap der guten Hoffnung“. Dieses Bild ist voller Glück und Rührung über die Heimkehr. Der große Schrecken, wenn der Löwe einen Mann anfällt, und die Angst der Menschen, wenn Heuschrecken das Land überfluten, bringen uns H. Chiyana und Martin Seconde nahe. Wie immer, wenn in Gemeinschaften gemalt und gezeichnet wird, liegt die Vermutung nahe, daß ein Blick auf des Nachbars Zeichenblock geworfen wurde. Bei näherer Betrachtung erscheint diese Verdächtigung zu oberflächlich. Papiere, Formate, Stifte und Farben sind wohl die gleichen, aber schon die Themen entzücken durch reizvolle Vielfalt.

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