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Marx, der Humanis

19451960198020002020

MARXISMUS UND DAS MENSCHLICHE INDIVIDUUM. Von Adam Schall. Europa- Verlar, Wlen-Franklur -Zürlch 1965. 349 Sei en. Preis: S 172.-.

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MARXISMUS UND DAS MENSCHLICHE INDIVIDUUM. Von Adam Schall. Europa- Verlar, Wlen-Franklur -Zürlch 1965. 349 Sei en. Preis: S 172.-.

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Immer wieder wird dem äl eren Marx, dem Schöpfer des „Kapi al“ und eigen lichen Begründer dessen, was man un er Marxismus vers eh , der junge Marx gegenüberges ell , der humanis ische, im E hischen und Individuell-Menschlichen wurzelnde Marx der Frühwerke. Gib es zwischen diesen beiden eine Einhei , oder gib es zwei Marxismen? Für den Revisionismus is der junge, einem idealis ischen Humanismus verbundene Marx der wahre Marx, für die marxis ische Or hodoxie is es der äl ere, , an unabdingbare ma erialis ische Gese zlichkei en glaubende. Für Adam Schaff is diese Differenzierung eine unangebrach e Einengung des Marxismus, verschulde von den geis igen Deszenden en durch eine kleinliche, beckmesserische In erpre a ion. Schaff, Mi glied des Zen ralkomi ees der polnischen KP, ver ri die Auffassung, der junge Marx habe die Probleme aufgeworfen, die der äl ere zu lösen such e — in diesem Sinn seien sie nich voneinander zu rennen. Aber genausowenig wie es zwei Marxismen gib , kann es einen unveränderlichen Marxismus geben, allein schon deshalb, weil Marx selbs sich s ändig wandel e. In allen Phasen von Marx’ En wicklung is das zen rale Problem das gleiche, nämlich die Suche nach der Befreiung des Menschen. Was sich änder , sind Frages ellung, Me hode, auch Lösung. Marx, der An hropologe, führ schließlich in einer kon inuierlichen En wicklung zu Marx, dem Ökonomen. Beide bilden nach Schaff eine Einhei . Die Probleme des Individuums, von Marx’ Epigonen vernachlässig und un erschä z — wie persönliches Glück oder od —, bringen den jungen Marx dazu, nach einer herapie für die von ihm fes ges ell e, alles zerse zende Krankhei , die En fremdung, zu suchen. Er finde sie im Glauben an eine mechanis ische, sich selbs umges al ende Gesellschaf . Somi schäl Schaff gerade das als Kern und wesen liches Mo iv des Marxismus heraus, was Marxis en und An imarxis en bei Marx nich zu finden vermoch en: die Frage nach dem Schicksal des Individuums.

ro z der Fron s ellung gegen die „dogma ischen In erpre en des Marxismus, für die die fes s ehende radi ion zum Dogma wind und die nich ims ande sind, den humanis ischen Kem der marxis ischen Soziologie und His oriosophie zu vers ehen“ (S. 72), is das Menschenbild, das Schaff zeichne , „marxis isch“. Es is marxis isch in dem Sinn der Un er- und Überbau heorie, welche die Basis aller Wer sys eme und Anschauungen (und dami auch des Religiösen) in den gesellschaf lichen Verhäl nissen, le z lich in den Produk ionsverhäl nissen sieh . Psyche und Bewuß sein sind „Resul a und Ausdruck bes imm er gesellschaf licher Verhäl nisse“, andere Konzep ionen des Menschen (Personalismus, Exis en ialismus) sind an iwissenschaf lich, weil me aphysisch. Schaff bleib auch dem reu, was den Sozialismus, der ro z aller Beweglichkei einen o ali ären Kem besi z , vom demokra ischen Sozialismus renn , nämlich der U opie: „Die neue, herrliche Wel , eine Wel körperlich und geis ig vollkommener Menschen , der Menschen mi allsei ig en wickel er Persönlichkei , die dem Marxschen Ideal des universalen und o alen Menschen nahekommen, diese Wel is heu e po en iell möglich“ (S. 326). Aber dieser U opismus verbinde sich mi einer klaren Absage an jeden fa alis ischen De erminismus und Au oma ismus, an eine Reduzierung der marxis ischen Geschich sauffassung auf einen naiven VuLgärma erialis- mus und an eine Absolu se zung der Marxschen Visionen. Der große Meis er wird keineswegs mi der Gloriole des zei los Gül igen versehen: „Marx sah die Si ua ion nich voraus, in der der Sozialismus heu e seine wirklichen Erfolge finde . Es wäre albern, der Geschich e Übelzunehmen, daß ihre En wicklung einen solchen Verlauf nimm und keinen anderen.“

Der Revisionismus eines Berns ein und anderer bewirk e berei s um die Jahrhunder wende, daß der Zweig des kon inen aleuropäischen Sozialismus, der heu e der demokra ische genann wird, Marx’ Bedeu ung rela ivier e und dem Prophe en und Begründer des „wissenschaf lichen Sozialismus“ die Unfehlbarkei nahm. Schaffs Werk könn e ein Anzeichen dafür sein, daß die kommunis ischen Marxis en zwar nich auf hören, in Marx das Alpha alles dessen, was ihnen Sozialismus is , zu sehen, aber Marx doch wieder in die Reihe gewöhnlich S erblicher einreihen und ihn nich mehr von jeder Kri ik ausnehmen. Mi einigen wenigen, im Endeffek die Wirklichkei nich umfassenden Formeln kommen heu e weder Marxis en noch Nich marxis en aus. Daß das äuch kommunis ische In erpre en des Marxismus einzusehen beginnen, das aufgezeig zu haben is das Verdiens Adam Schaffs.

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