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„Emporkömmling“ Delhi

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Die indische Haup s ad is , äußerlich gesehen, kaum mehr als eine überdimensionale menschliche Siedlung. Ihrem Rang und ihrer Bedeu ung nach is sie jedoch einer der Brennpunk e asia ischer Poli ik, eine Ar Weihnach smann, an den sich Millionen und aber Millionen mi ihren Hoffnungen auf eine Besserung ihres Daseins klammem, ein Schaufens er asia ischer Demokra ie.

Sie gil bei vielen Menschen noch immer als ein Emporkömmling. Der Plan zu ihrer Gründung wurde ja ers im Jahre 1911 gefaß . Aber in den le z en Jahren is ihr Aufschwung so groß gewesen, daß sie heu e ziu den Wel s äd en zähl . Hier werden die großen En wicklungspläne ausgeaibei e , durch die die ganze wir schaf liche und soziale S ruk ur des riesigen Landes von Grund auf geänder werden soll. Für die Finanzierung des Riesensprunges vom Holzpflug zum A ommeiler ha Delhi schon an 'die ach Milliarden Dollar ausländische Hilfe erhal en, wobei sich das Verhäl nis vom Wes en zum Os en auf e wa 6:1 verhäl . Aber der Appe i Delhis wächs s ändig, und viele Milliarden sind noch no wendig, um alle Pläne von Belang durchzuführen.

Ein Königreich für eine Wohnung!

Die Einwohnerzahl der S ad s ieg von knapp 800.000 im Augus 1947 auf heu e mehr als drei Millionen. Um ihnen ein Obdach zu geben, ha die

Regierung ganze Wohnkolonien ers ell und mehr als 60.000 Wohnungen gebau . Überall wird Boden ausgehoben, Be on gemisch und gebau . ro zdem is die Wohnungsno an allen Ecken spürbar. Eine halbwegs annehmbare Vierzimmerwohnung kos e um die 300 Dollar im Mona , aber die Mie e is für ein Jahr im voraus zu bezahlen. Aber das is noch wenig im Vergleich zu den Ladenmie en, für die zusä zlich noch ein „Pugree“ — ein Abs and — zu erlegen is , der, wie erzähl wird, bis zu 25.000 Dollar be ragen kann. Das bring eine erschreckende Überfüllung aller billigeren Wohnungen und eine Wohndich e mi sich, die sich nach den am lichen Angaben in dem Sadar-Pahargang-Vier el Al - Delhis auf nich weniger als 57.270 Menschen für den Quadra kilome er s ell . Aber dami sind die Schwierigkei en bei wei em nich aus; die S romversorgung is ungenügend, und die Verkehrsmi el sind so knapp, daß an jeder Hal es elle Menschenschlangen auf einen Au obus war en. Deshalb is Delhi zu einer S ad der Fahrräder geworden, auf denen ganze Familien und unvors ellbare Las en beförder werden.

Von alldem merken die vielleich 100.000 Ausländer, die jährlich nach Delhi kommen, sehr wenig. Sie leben in einem der großen Ho els und kaufen am Connaugh -Place, dem kreisförmigen Geschäf svier el der neuen S ad .

in den Par ei- und Regierungsausschüssen und Verwal ungsrä en, auf dem Golfpla z, am Schwimmbecken des Ho els Asoka — des schöns en im Orien — und in den Ferien in Kaschmir. Die äl eren Mi glieder dieser Prominenz, sind von dem bri ischen Erbe zu iefs gepräg . Was is nich alles bri isch in Indien geblieben: Die Universi ä , der Akzen , die Armee und ihre Dudelsäcke, der Golf, der ee. England ha auch bedeu endere Dinge hin erlassen: Die großen Prinzipien der freien Meinungsäußerung und des individuellen Gewissens; Englisch, in dem im Parlamen verhandel und auf den Hochschulen un errich e wird, is die Verkehrssprache des Landes mi 700 Sprachen und Dialek en; und vor allem diese Zuneigung zu Demokra ie. Das Gerich swesen is unabhängig, die Zahlen sind ehrlich, die Verwal ung arbei e leidlich gu .

Die Männer von morgen

In Delhi sprich man na ürlich von der Zukunf und mein , das neue Denken wende es dem Lande möglich machen, mi einer glanzlosen Regierung von Sachvers ändigen auf dem gewähl en Wege wei erzugehen. „Die Republik brauch keinen großen Mann mehr“, is hier und da zu hören. Leich läß sich in Neu-Delhi fes s ellen, daß die Inder die Poli ik nich sehr anziehend finden. Daran is sicher nich zule z die Verkalkung der al en Kongreßpar ei schuld, die sei 80 Jahren die einflußreichs e poli ische Organisa ion im Lande is . Die iefs e Ursache is aber vielleich , daß im heu igen Indien die Poli ik nur noch einen Schein von Mach . und Einfluß gib . Dafür is die Minis erlis e rech aufschlußreich. Es gib nämlich Minis er für S ahl und Schwerindus rie, für Handel und Indus rie, für wissenschaf liche Forschung, für Bergwerke und, Brenns offe, für Energie und Bewässerung, für Landwir schaf , für Arbei und Arbei skraf . Dazu gib es die Planungskommission, von der die ä igkei dieser Minis erien endgül ig koordinier wird. Hier, sind die führenden Männer Indiens von, morgen zu suchen.. Sie haben ihren Pla z in Delhi schon eingenommen. Nach der ers en, aus der Widers andsbewegung hervorgegangenen Poli ikergenera ion mi ihrem Gefolge einer ins Unermeßliche gewachsenen Bürokra ie is in fas 20 Jahren eine Eli e von echnokra en heraufgekommen, die sich heu e schon darum bemüh , den zwischen Liberalismus und Sozialismus, Wissenschaf und Aberglaube, For schri und radi ion, ä igkei sdrang und Lässigkei s ändig hin- und hergeworfenen Riesens aa in ein Gleichgewich zu bringen.

Diese Männer sind selbs vers ändlich für den For schri . Un erhäl man sich mi ihnen, läß sich schnell fes s ellen, daß diese modernen Inder nich mehr räumen, sondern sehr kri isch denken und schon dabei sind, die Führung an sich zu nehmen. Diese. Gelehr en, echniker, Wissenschaf s- und Finanzsachvers ändigen sind heu e in Indien die An i-Gan- dhis en, und es is gar nich ausgeschlossen, ddß spä er einmal Gandhi noch als einer der großar igen Mißerfolge der indischen Geschich e bewer e werden wird. Auf Schri und ri spür man in. Delhi, daß Indien die Zei Gandhis endgül ig überwunden ha und nich mehr berei is , die Dinge einer Vorsehung zu überlassen, die es bisher nur s iefmü erlich behandel ha .

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