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„Daphne“ von Richard Strauß

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Die bukolische Tragödie „Daphne“ beginnt mit dem Fest der blühenden Rebe, mit Preis und Anrufung des Dionysos — und endet mit einer Naturverwandlungsszene im Zeichen Apolls. Dazwischen stehen zwei echt .kleistische“ Episoden, „dunkel und geheimnisvoll“: wie Apoll, vom Pfeil der Schönheit getroffen, Daphne in seinen strahlendblauen Mantel hüllt, und wie der vermessene menschliche Nebenbuhler des Gottes, der Hirt Leukippos, von Apoll den tödlichen Pfeil empfängt ... Mythologische Oper mit psychologischem Tiefengrund, eine Antike, die es „nie und nirgends“ gegeben hat, ähnlich den Visionen Poussins, Matees oder Böcklins, festliches Theater, Traum der Träume, wie es auch Hofroanns-thals Ideal war — Eklektizismus in reinster Form. Ebenso rein und ungemischt ist der Stil des Werkes, das keine Rezitative und auch nicht die herkömmliche Form def Arie enthalt: ein ununterbrochenes Weben und Schwelgen in der Fülle des Wohllauts, ein Musizieren und Phantasieren über die Kadenz mit Modulationen und enharmonischen Verwechslungen, die aber nie die einheitliche harmonische Sphäre des Werkes trüben, auch nicht dort, wo Dionysos die Szene beherrscht. Der Ausdruck umspannt pastorale Lyrik, dithyrambische Chorhymnik und Pathos der großen Solo- und Duoszene. Aus der Idylle entwickelt sich die „Tragödie“, die In das Klangwunder der Naturschilderung, die Verwandlung der Daphne in den Lorbeer, mündet. Ebenso geheimnisvoll — das sei ohne Ironie gesagt — ist diese Musik, die fast ohne greifbaren melodischen Einfall andeithalb Stunden dahin-strömt und den Hörer in ihren Bann zieht. — Richard Strauß hat in einem Brief aus dem Jahr 1935 sein Werk als den „vielleicht letzten Ausläuler der Welttheaterentwicklung ins Reich der Musik“ bezeichnet. Dies stolz-besdieidene Wort trifft für die „Daphne“ in besonderem Maße zu, und wenn wir bedenken, daß die Geschichte der Oper vor mehr als 350 Jahren mit einer florentinisohen „Dafne“ von Perl und Rinuccini begann, so scheint sich hier in der Tat ein Kreis zu schließen. Es Ist nicht der einzige, denn die Nummernoper feiert in der Gegenwart fTöhltche Urständ und das „musikalische Theater ist In voller, noch gar nicht abzusehender Entwicklung begriffen...

Die Partitur der .Daphne wurde 1937 unter südlichem Himmel, tn Taormina, beendet und erklang ein Jahr später zum erstenmal im Dresdener Opernhaus. Die Neuinszenierung der Staatsoper leitete Rudolf Hartmann als Gast, Rudolf Moralt dirigierte. Die Bühnenbilder und Kostüme Robert Kautskys waren weniger originell, als wir es von diesem Künstler gewohnt sind, und nicht genügend vom Geist des Textes (Joseph Gregorl und der Musik inspiriert. Dagegen war die Titelpartie mit Anneliese Kupper vorzüglich besetzt, welche die Rolle als etwas versponnene Nervöse begann und am Höhepunkt der Handlung zu tragischer Größe aufwuchs. Anton Dermota und Karl Friedridi waren die feindlichen Partner, die vergeblich um die Liebe der Daphne werben.

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