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Operneinakter von Billinger u. Zillig

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Das Linzer Landestheater brachte außer der bereits 1933 in Düsseldorf erfolgreich uraufgeführten Oper „Die Rosse“ Winfried Zilligs neue, 1962 entstandene Oper, „Das Verlöbnis“, heraus und setzte hiermit die Reihe interessanter Opernaufführungen fort. Beide Kompositionen sind nach Richard-ß[7-iinger-Dichtungen entstanden. Während in den „Rossen“ der Einbruch der Gegenwartsentwicklung in die urtümlich bäuerliche Welt — personifiziert durch Roßknecht und Maschinenhändler — zur Tragik wird, ist die Ubersteigerung des erotischen Moments, die zur nackten Ekstase führt und die junge Franziska zur eiskalten Mörderin werden läßt, beim „Verlöbnis“ die treibende Kraft.

Winfried Zilligs musikalische Erfindung beruht in beiden Opern auf der gleichen Technik, geht aber in der eigentlichen Ausführung weit auseinander. Die Musik zu den „Rossen“ ist noch Rebellion, Aufbegehren gegen eine Zeitmeinung; daher in vielen Teilen derbfäustig, demonstrativ, mit Spitzen und Schärfen und in der Instrumentation oft brüllend laut. 30 Jahre später schreibt Zillig verfeinerter, durchsichtiger und wesentlich konzentrierter. Die instrumentale Besetzung und Farbe sind nun sehr phantasievoll, die Ausbrüche wohl berserkerhaft, aber nie das Spannungsfeld zerreißend. Trotz des vitalrustikalen Sujets verdankt jede Phrase der geistig-konstruktiven Imaginationskraft ihre Entstehung.

Die Aufführung hatte hohes Niveau. Für die äußerst schwierigen, sogar peniblen Partituren setzten sich der begabte Robert Filzwieser und der Komponist (bei der Uraufführung) am Pult ein. Es gab in beiden Opern mächtige Steigerungen, ohne dem Expressiven das Konstruktive zu opfern. Für die bildhaft dramatische Kraft sorgte die bewährte Regie Heinz Krahls. Die brutale Raufszene, die rätselhafte Unwirklichkeit der Perchten, der tierische Schrei der Bäuerin beim Tod des Roßknechtes, das Johannisweintrinken über dem toten Bauern waren besondere Höhepunkte in seinem Regiekonzept. In beiden Opern leisteten die Sänger Überragendes; daran änderte auch die durch Dialektanklänge mangelnde Wortverständlichkeit nichts. Den jäh wechselnden Reaktionen und Situationen wurde in Spiel und Gesang trotz des dodeka-phonischen Klangteppichs vollauf Rechnung getragen. Unter den vielen Mitwirkenden ragten Aurelia Schwenniger, Hedwig Schubert und Hans Längen besonders hervor. Dem Komponisten wurde mit dieser Wiedergabe vermutlich eine letzte große Freude zuteil.

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