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Aufstand gegen den Ducetto

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Die politischen Beobachter sind sich darüber einig, daß der Rücktritt von sechs Mitgliedern der beiden linksstehenden Strömungen innerhalb der Democrazia Cristiana aus dem Parteidirektorium Fanfanis Sturz beabsichtigt hat. Zweimal drei von 44 Angehörigen der obersten Parteileitung stellen lediglich eine kleine Minderheit dar, die als solche dem kleinen großen Mann der Democrazia Cristiana nicht sonderliche Sorge bereiten müßte. Wird aber der Unwillen gegen Fanfani berücksichtigt, der auch bei anderen Strömungen und vielen prominenten Christdemokraten fast mit Händen zu greifen ist, kann der jetzt rollende Stein tatsächlich einen Erdrutsch auslösen.

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Die politischen Beobachter sind sich darüber einig, daß der Rücktritt von sechs Mitgliedern der beiden linksstehenden Strömungen innerhalb der Democrazia Cristiana aus dem Parteidirektorium Fanfanis Sturz beabsichtigt hat. Zweimal drei von 44 Angehörigen der obersten Parteileitung stellen lediglich eine kleine Minderheit dar, die als solche dem kleinen großen Mann der Democrazia Cristiana nicht sonderliche Sorge bereiten müßte. Wird aber der Unwillen gegen Fanfani berücksichtigt, der auch bei anderen Strömungen und vielen prominenten Christdemokraten fast mit Händen zu greifen ist, kann der jetzt rollende Stein tatsächlich einen Erdrutsch auslösen.

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Viele sehen in Fanfani den Sündenbock für die Wahlniederlage vom 15. Juni und denken nicht daran, wieviel mehr Stimmen die Democrazia Cristiana hätte verlieren können, wenn ihr ein weniger dynamischer und durchschlagskräftiger Führer vorgestanden wäre. Ein unparteiischer Beobachter wird den Eindruck nicht los, daß viele Christdemokraten sich Fanfani einfach vom

Halse schaffen wollen, weil er sie fest am Zügel hielt. Als Minister und Ministerpräsident sorgte er jeweils dafür, daß auch höhere Staatsbeamte vor 8.30 Uhr hinter ihrem Schreibpult saßen.

Das Argument, Fanfani habe mit seiner konservativen antikommunistischen Politik die Jugendlichen vor den Kopf gestoßen und damit den Vormarsch der KPI ermöglich, gibt einen guten Vorwand ab, doch vermag es nicht zu überzeugen. Soweit sie es tat, verabreichte die Wählerschaft der Democrazia Cristiana einen Denkzettel vor allem wegen all der Mißstände und Korruptionsaffären, die sich im Schatten ihrer Machtausübung auf allen drei Ebenen der Staats-, Regional- und Kommunalverwaltung einnisten konnten. Fanfani, wie auch Moro, muß jedoch die persönliche Integrität zugute gehalten werden.

Wenn Fanfani etwas vorgeworfen werden kann, so ist es ein unersättlicher Machthunger, nicht hingegen der Drang, sich und seine Freunde auf Kosten der Steuerzahler oder des Staatshaushaltes zu bereichern. Es fehlte ihm auch nicht an Entschlußkraft, die ohne seine Präsenz an der Spitze der mit 12 Millionen Wählern immer noch größten Partei Italiens leicht abhanden kommt. Falls die Democrazia Cristiana dem Ruf eines sinkenden Schiffes entsprechen sollte, dürfte nach der Devise „rette sich wer kann“ leicht ein allgemeines Überlaufen zur kommunistischen, linkssozialistischen und neofaschistischen Partei stattfinden. Daß dies das Ende der Demokratie in Italien bedeuten könnte, kann sich jeder an den Fingern abzählen und aus den Vorgängen in Lissabon und Santiago de Chile schließen.

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