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Bericht aus der Retorte

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Den Wettläuf, wer nun als erster die österreichische Bundesregierung mit dem Problemkreis „künstliche Befruchtung beim Menschen“ offiziell befaßt, hat vorerst einmal Wissenschaftsminister Heinz Fischer gewonnen.

Am 5. August legte Fischer dem Ministerrat einen „Bericht zu grundsätzlichen Aspekten der Gentechnologie und der humanen Reproduktionsbiologie“ vor. Dieser Bericht wird demnächst auch den Abgeordneten zum Nationalrat übermittelt.

Der Wissenschaftsminister will mit der „Weitergabe von Informationen“ vor allem „zu einer Versachlichung der Diskussion“ beitragen. Tatsächlich bringt der Ministerbericht nichts Neues. Auf 50 Seiten erwartet die Abgeordneten eine Auswahl einschlägiger Kommissions- und Expertenmeinungen aus dem In- und Ausland.

Das Kernstück des Berichts bildet das Ergebnis der vom Wissenschaftsminister selbst eingesetzten „Kommission der österreichischen Rektorenkonferenz zur Ausarbeitung einer gutachterlichen Stellungnahme zum Problem der In-vitro-Fertilisation“ (FURCHE 26/1986).

Ergänzt wird diese österreichische Stellungnahme durch eine Zusammenfassung der Ergebnisse der bundesdeutschen Arbeitsgruppe zum Thema „In-vitro-Fertilisation, Genomanalyse und Gentherapie“ (Benda-Kommis-sion), durch den Bericht des schwedischen Gen-Ethik-Komitees „Genetisk Integritet“ und durch die Resolution des Europarates über „Menschenrechte und wissenschaftlichen Fortschritt auf den Gebieten der Biologie, Medizin und Biochemie“.

Die solcherart präsentierte Spannweite der unterschiedlichen ethischen, rechtlichen und medizinischen Meinungen zu den Methoden der künstlichen Fortpflanzung und der wissenschaftlichen oder kommerziellen Nutzung künstlich gezeugter menschlicher Embryonen macht auch verständlich, daß Wissenschaftsminister Fischer ausdrücklich darauf hinweist, bei seinem Bericht handle es sich um „Expertenmeinungen“ und „nicht um eine endgültige Regierungsmeinung“.

Die Regierungsmeinung dürfte schon dort schwer feststellbar sein, wo es um die weitere Vorgangsweise bei der Behandlung der Materie selbst geht. Denn knapp eine Woche vor dem Fischer-Vorstoß im Ministerrat legte Familienministerin Gertrude Fröhlich-Sandner die Ergebnisse ihrer gemeinsam mit dem österreichischen Rechtsanwaltskammertag im Dezember 1985 veranstalteten Enquete über „Familienpolitik und künstliche Fortpflanzung“ in gedruckter Form vor.

Fröhlich-Sandner meinte bei dieser Gelegenheit aber auch, Österreich sollte vorerst einmal die Ergebnisse der einschlägigen Beratungen im Rahmen des Europarates abwarten, die voraussichtlich Ende dieses Jahres vorliegen. „Erst dann“, so die Familienministerin, „sollen die parlamentarischen Beratungen in Österreich eingeleitet werden“.

Fröhlich-Sandner und Heinz Fischer stimmen aber darin überein, daß die Anwendung künstlicher Fortpflanzungsmethoden zumindest neuer rechtlicher Begriffsbestimmungen, wenn nicht neuer gesetzlicher Regelungen bedarf. Und beide hoffen auf „konsensuale Lösungen“.

Allerdings: Bereits die Frage der Anonymität von Samenspendern birgt genug Zündstoff—auch innerhalb der einzelnen weltanschaulichen Gruppen selbst.

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