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Das Goldmimzenspiel

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Je näher der 22. Oktober, der Emissionstag der neuen Tausend-Schilling-Münze in Gold, rückt, um so hektischer versuchen nicht nur Sammler und Münzenhändler, sondern schaut auch der Normalverbraucher, irgendwo im Bekanntenkreis einen direkten Draht zu einer Goldschillingausgabekassa bei Sparkassen, Banken und Kreditinstituten zu bekommen. Man erzählt, daß Bedienstete des Hauptmünzamtes und der Nationalbank plötzlich von „guten, alten Bekannten“ angerufen werden, die sich zuerst noch höflich nach dem persönlichen Befinden des Angerufenen erkundigen, um dann gleich die Frage zu stellen: „Könntest du mir nicht ein paar Gold-Tausender besorgen, du sitzt doch an der Quelle?“ Wonach die Angerufenen bedauernd abwinken müssen, denn auch sie bekommen diesmal nur eine Goldmünze pro Kopf. Überhaupt scheint diesmal das Motto zu sein, nur ein „Gulden“ pro Haushalt! Vielleicht auch der Versuchsballon für das sozialistische Prinzip: „Für alle das Gleiche!“j

12,15 Gramm Gold zum derzeitigen Goldpreis von 114 US-Dollar pro Unze Feingold, etwa 770 Schilling wert, gelten jetzt, kraft des Prägestempels und des Bundesgoldmünzengesetzes 1976, tausend Schilling. Sollte die Nachfrage das Angebot, wofür jetzt alle Anzeichen sprechen, um ein Vielfaches übersteigen, dann wird der Wert dieser 12,15 Gramm Gold als Münze schon bald den Nennwert übersteigen.

Ein Artikel von Wolfgang Schmutz im Mai in der FURCHE war mit ein Anlaß dafür, daß die Opposition bei den Beratungen des „Bundesgoldmünzengesetzes 1976“ forderte, den Wert des Goldfeingehaltes der österreichischen Goldmünzen mit mindestens 75 Prozent des Nennwertes der Münzen am Tag der Erlassung der Verordnung über die Ausgabe einer Goldmünze festzulegen. Da sich die Opposition mit diesem Vorschlag durchsetzte und der Fihanzminister beim Goldeinkauf wenig Glück hatte — er kaufte teuer —, wird sein Münzgewinn auch nur 100 bis 150 Millionen Schilling betragen.

Wie richtig auch der andere Vorschlag war, endlich, 30 Jahre nach Kriegsende, den freien Goldhandel und Golderwerb wieder für Private zuzulassen, beweist die Komödie um das Exportverbot für den Goldschil-ling. Wahrscheinlich um die ausländische Nachfrage nach dem Goldschilling noch anzuregen, hat die Nationalbank den Export von Goldschillingmünzen untersagt. Eine alte Kundmachung gibt nur für den Handel mit „nicht als Zahlungsmittel geltenden Goldmünzen“ eine generelle Bewilligung. Der Handel mit Goldmünzen, die Zahlungsmittel sind, ist bewilligungspflichtig, und eine solche Bewilligung wird nicht erteilt.

1971, als diese Kundmachung ver-lautbart wurde, gab es noch keine österreichischen Goldmünzen, die gleichzeitig auch ein Zahlungsmittel waren. Goldmünzen, wie der südafrikanische Rand, waren ja zugleich auch ausländische Zahlungsmittel, womit die eingeschränkte Formulierung der Kundmachung damals si-. eher zu begründen war.

Der Erfolg dieser Haltung der Prüfungsstelle der OeNB blieb nicht aus. In der BRD werden für den öster-, reichischen Goldschilling schon 200 D-Mark, das sind etwa 1400 S, geboten. Da aber die 1000-Schilling-Münze in Gold heute auch ein umlauffähiges Zahlungsmittel ist, gilt für sie auch die Reiseverkehrskundmachung der OeNB, nach der es Österreichern gestattet ist, „bei jedem Grenzübertritt inländische Zahlungsmittel bis zum Gesamtbetrag von 15.000 pro Person“ bewilligungsfrei ins Ausland mitzunehmen.

Damit ist das formal juristische Geflecht, mit dem heute der Export von Goldmünzen untersagt wird, wieder teilweise durchlöchert. Bei einem Aufgeld von 40 Prozent wird für die westösterreichische Grenzbevölkerung ein Mitnehmen von Goldschillingmünzen ein gutes Geschäft.

Das Beispiel des Goldschillings zeigt jedenfalls auch, daß in Österreich der Freiheitsspielraum des einzelnen Bürgers sehr eingeschränkt ist. Bisher war es nur in Volksdemokratien oder in Ländern mit extremen wirtschaftlichen Verhältnissen und massiver Kapitalflucht, wie Italien, üblich, den Export von Zahlungsmitteln zu beschränken.

Wenn man das bei der Ausgabe der Goldmünze beobachtete Vorgehen gedanklich weiterentwickelt, scheint der Augenblick nicht mehr ferne, wo man sich mit dem Meldezettel bei einer Münzausgabestelle anzustellen hat. Vielleicht sollte man auch eine eigene Münzenkarte, für jedermann anlegen. Ein Ausbau von Münzkartenstellen wäre ein weiterer sozialistischer Beitrag zur Vollbeschäftigungspolitik für die Bürokratie

Anderseits ist aber anzunehmen, daß nach diesem Anfangserfolg bei der Goldmünzenausgabe der Finanzminister bald mit neuen Prägungen und mit größeren Auflagen (und größeren Gewinnen für den Fiskus) diese momentane Übernachfrage rasch befriedigen wird. Vielleicht gibt es dann schon in einem Jahr Exportprämien für österreichische Goldmünzen.

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