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Der Tiger parfümiert sich mit List

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„Der Tiger parfümiert sich mit Dynamit“, hieß ein (mieser) Agentenfilm, der am Samstagabend von FS J ausgestrahlt wurde. Auf der Suche nach einem 100-Millionen-Dollar-Schatz stieß der Agent auf eine Geheimverschwörung zur Beherrschung der Welt...

Gerd Bacher, einstens gern als Tiger apostrophiert, braucht keine kriminalistische Spürnase, um herauszukriegen, daß es derzeit eine Geheimverschwörung gegen ihn gibt, die ihn von der Beherrschung des ORF wieder verdrängen soll.

Aber er versieht sich weiterhin nicht mit Schießpulver, sondern mit der Duftmarke von Leuten, die sich das Santayana-Wort hinter die Ohren geschrieben hatten: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“

Gerd Bacher weiß, daß er mit verschiedenen kecken Sprüchen in der Vergangenheit tatsächlich der Regierungspartei Vorwände für eine Abhalfterung geliefert hat. Deshalb tritt er am Beginn seiner dritten Amtszeit samtpfötig und schnurrend auf, hält Kraftausdrücke im Gehege seiner Zähne zurück, wirbt um Kooperation und Verständnis, legt sich nirgendwo quer oder fest und wartet mit der Disziplin eines Beamten aus der Kaiserzeit, der beim Staatsbanken in derselben Sekunde wie der Monarch den Löffel fallen läßt, auf die endgültige Entscheidung des Kuratoriums am 19. Dezember.

Seine Gegner warten auch. Sie warten auf ein paar Ausrutscher, auf wenigstens einen, auf einen klitzekleinen Fehler, der ihnen neuerlich einen Vorwand zur Entthronung Bachers liefern könnte. Helmut Zilk steht für diese Gruppe, deren strategisches Zentrum man im stark sensibilisierten Gehirnganglienkomplex des SPÖ-Zentralsekretärs Karl Blecha vermuten darf, in der Kulisse bereit

Zilk wäre sicher ebenso wie Bacher von der beruflichen Erfahrung her für den Posten qualifiziert. Ihre professionellen Vorzüge neutralisieren einander annähernd. Der Menschentypus auch: Man darf annehmen, daß es gegenüber beiden bei feinfühligen Naturen gewisse Reserven gibt.

Politisch aber wäre eine Bestellung Zilks ein Skandal, der die Szene über Nacht in einen Hexenkessel verwandeln würde: Von den fünf Spitzenpositionen des ORF (Generalintendant, ein Hörfunk- und zwei TV-Intendanten, Kaufmännischer und Technischer Direktor) wären dann vier in solider Hand der Regierungspartei.

Der schlaue Fuchs Kreisky weiß, daß er mit solch brutaler Machtpolitik die liberalen Wechselwähler arg vor den Kopf stoßen würde. Deshalb ist er für die definitive Bestellung Bachers. Wenn es Blecha dennoch erlaubt würde, mit einem kühnen Zilk-Coup kurzfristig einen billigen Triumph zu landen, hieße das in der mittelfristigen Folge: Blecha out, Kreisky out.

So out kann der Generalbevollmächtigte in seiner eigenen Partei selbst nach der Androsch-Schlappe noch nicht sein.

Aber wie man hört, scheint die Sache ohnehin gelaufen. Bei einer parteiinternen Aussprache mit den 16 SPÖ-Kuratoren haben drei mannhaft erklärt, sie würden für Bacher stimmen: ein Künstler, ein Lehrer und ein Betriebsrat.

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