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Druck durch eine globale Gegenkultur

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Die Krise der Politik und des Staates ist tiefer als man annimmt. Die Beweglichkeit des international agierenden Kapitals und der dadurch ausgelöste Wettlauf ist nur eine der Ursachen für den Niedergang der 1 landlungs-fähigkeit des Staates.

Hinzu treten das ungeheure Tempo der Entwicklung, der Zugriff der Bewußtseinsindustrien auf die Denk- und Verhaltensweisen der Menschen, die wachsenden Möglichkeiten, Realitäten industriell zu produzieren, die Schwierigkeit für die Politik, in einer Zeit des Niedergangs, in der jeder seine Interessen Millimeter für Millimeter verteidigt, .Solidarität und Disziplin einfordernde Konzepte zu entwickeln, die Überlegenheit intelligenter wirtschaftlicher Konglomerate gegenüber einem quälend langsam agierenden, mit antiquierten Methoden und Instrumenten arbeitenden Staat, dem noch dazu die Rürger, an die er immer noch rückgekoppelt ist, zunehmend Ge-1 o 1 gschaft verwei gern.

Der Aufbau von Gegengewichten ist daher nicht nur eine Frage der Übertragung von Souveränität auf höhere geographische Ebenen, zum Reispiel die der EU, sondern auch eine Frage der Beweglichkeit und Intelligenz der staatlichen Strukturen, der Schaffung einer Gegen-öffentlichkeit und Gegenkultur, der Verweigerung gegenüber den plat ten Verlockungen des „Tittytain-ment” der Unterhaltungsindustrie.

Vor allem die Überlegungen von Guehenno und Knöke legen es nahe, auf die netzwerkartigen Strukturen der Weltökonomie mit einem netzähnüchen Muster der Organisierung der Redürfnisse von Mensch, Natur und Kultur zu antworten.

Gesetze und Abgaben, Umverteilungen und Zwangsverwaltungen der kargen Mehrwert-Überreste der Globalökonomie werden immer welliger wirksam sein. Man wird daher über einen Einstieß; in Produktionen und Vertragsbeziehungen jenseits der Ohnmacht, der Ortsgebundenheit nachdenken müssen.

Der Staat und andere Institutionen werden wohl ebenfalls „place-less” werden müssen, um als Amöben eines humanen Gegenentwurfs eine andere Zukunft produzieren zu können. So gesehen bieten transnational vernetzte Organisationen, international agierende Vereinigungen von Konstimenten oder selbstverwalteten Reüieben oder global organisierte Kulturproduzenten vermutlich mehr Chancen als die alten Staatsstrukturen, jedenfalls sollten sie diese ergänzen.

Die globale Organisationsstruktur der katholischen Kirche erscheint so gesehen moderner als der Nationalstaat, Greenpeace als ein zukunftsfähigeres Muster des Umgangs mit Globalitüt, als der alte Steuer- und Gesetzesstaat.

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