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Fest der Auguren

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Der „Steirische Herbst“, das Avantgarde-Festival, das weit über die Grenzen der Steiermark wirkt, sorgt für handfeste Diskussionen. Intendant Peter Vujica setzt jedes Jahr einen Schwerpunkt, ungeachtet der Tatsache, daß die in den „Herbst“ eingebundenen Veranstalter, wie die Neue Galerie, das Kulturhaus, das Stadtmuseum, die Galerie bei den Minoriten, das Forum Stadtpark, das Musikprotokoll, die „Steirische Akademie“, aber auch Hen-

zes Musikambiente in Deutschlandsberg, die Internationalen Malerwochen der Neuen Galerie, die Malerwochen der Galerie bei den Minoriten sowie Eigenveranstaltungen mitunter wertvolle, aber auch kuriose Wege beschreiten.

Der heurige „Steirische Herbst“ beginnt am 20. September ganz im Sinne des verstorbenen Hanns Koren mit Simultanlesungen in Graz, Marburg, Agram, Laibach, Triest und Venedig. In jeder dieser Städte werden sich, Korens Ideen folgend, drei Schriftsteller aus dem Trigon-Raum (Steiermark, Jugoslawien, Italien) präsentieren.

Des Intendanten Vujica erstes Jahr hatte den Schwerpunkt Bildende Kunst, das zweite Architektur, das dritte Musik, und nun kommt die Literatur dran. Erfolge sind um so schwieriger zu erzielen, als die Struktur des „Herbstes“ fast einem Irrgarten gleicht. Es. gibt gleichrangig den Intendanten Und den Generalsekretär

(Paul Kaufmann), beide Unterschriften sind nötig für das Zustandekommen von Veranstaltungen. Ferner gibt es den Präsidenten des „Steirischen Herbstes“, Landeshauptmannstellvertreter Kurt Jungwirth, ein Präsidium mit hochrangigen Politikern sowie den Präsidenten der „Freunde des Steirischen Herbstes“ und dann noch ein Direktorium ohne Entscheidungsbefugnis mit dem ORF-Intendanten Emü Breisach, dem Leiter der Neuen Galerie, Wilfried Skreiner, dem Intendanten der Vereinigten Bühnen, Carl Nemeth, sowie dem Vorsitzenden des Forum Stadtpark, Alfred Kolleritsch, den im Literaturjahr besondere Aufgaben erwarten. Eine Symbiose also, die sich mitunter am Rande des Chaos bewegt.

Merkwürdig ist die Spannung zwischen dem Intendanten des „Herbstes“ und des ORF, hat doch schon vor vielen Jahren Peter Vujica einen György Ligeti, einen Penderecky, einen Friedrich Cer-ha nach Graz gebracht, ganz zu schweigen von der großartigen Josef-Matthias-Hauer-Woche und vielen guten musikalischen Retrospektiven, die eigentlich auch im Sinne von Emil Breisach gelegen sein müssen.

Es gibt noch eine weitere „Symbiose“, in der es nicht immer sehr amikal zugegangen ist, zwischen dem Herbst-Intendanten und den Vereinigten Bühnen. Es werden immer mindestens zwei Stücke im Auftrag des Herbst-Intendanten gespielt, was, wie man dem Verwaltungsdirektor der Bühnen glauben muß, häufig zu Reibereien führt!

Vorwürfen, daß der „Steirische Herbst“ provinziell sei, begegnet Intendant Vujica mit dem Hinweis, daß im Vorjahr steirische Schriftsteller, Maler und Aktioni-sten in New York und Los Angeles vertreten waren. Eine Aufführung mit Publikum der Jazzoper „The Holy of Jazz“ in der Lurgrot-te ist, aus Sorge um die Fledermäuse, verboten worden. Einen Eindruck konnte man jedoch durch die Ausstrahlung des ORF gewinnen. Ursprünglich war eine Aufführung von „Die Nacht“ von Hans Jürgen Syberberg vom Tonband vorgesehen. Man prozessiert heute noch.

Besonders elegant war die Eir genveranstaltung des „Herbstes“ mit Bildern von Koenigstein, einem in New York lebenden Wiener Künstler. Koenigstein wird auch das heurige Herbst-Plakat entwerfen. In den 18 Jahren, seit es den „Steirischen Herbst“ gibt, waren oft die Attacken gegen die Plakate gewichtiger als die Beurteilung der künstlerischen Ergebnisse — mit Ausnahme der „Musikprotokolle“, die in viele Länder ausgestrahlt und auch wiederholt wurden.

Es scheint übrigens so gut wie sicher, daß ein Robert-Stolz-Festival veranstaltet wird. Vielleicht wären dafür die Operettenwochen in Bad Ischl geeigneter, doch der Komponist ist in Graz geboren, und die Robert-Stolz-Lobby ist ja immer zügig unterwegs. Sollte dieses Festival aber mit dem Hintergedanken veranstaltet werden, den „Steirischen Herbst“ zu konkurrenzieren, könnte man nur sagen: „Adieu-mein kleiner Gardeoffizier...!“

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