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Große Sprünge

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Wenn nicht alles trügt, dann werden die österreichischen Politiker in der nächsten Zeit keine allzu großen Sprünge machen können. Zumindest nicht diejenigen, die sich nach zähem Ringen nun doch entschlossen haben, es noch einmal mit gemeinsamer Regierungsverantwortung zu versuchen.

Es ist nicht aufzuschließen, daß die Gangart der großkoali-tionären Regierung in den nächsten Monaten dem Kinderspiel des „Dreibeinlaufens" äußerst nahe kommen wird.

Für diejenigen, die diesen Hit meiner Vorschulzeit nicht mehr oder auch noch nicht kennen, sei es kurz erläutert: Zwei Kinder stellen sich ganz eng nebeneinander, ein Helfer fixiert die aneinandergepreßten Beine, so daß sie nur gemeinsam bewegt werden können. Die zwei Menschen verfügen nunmehr über lediglich drei Beine und werden solchermaßen behindert über die Wettbewerbsstrecke gescheucht.

Im Kindergarten verläuft diese meistens eben und über weiches Gras, ab der ersten Klasse Volksschule kann der Weg auch bergauf, bergab, ja sogar über Hindernisse führen. Sie merken schon, Dreibeinlaufen ist eine kitzlige Sache. Es kommt darauf an, daß beide Läufer wenigstens annähernd dasselbe wollen und auch über etwa die gleichen körperlichen Fähigkeiten verfügen.

Eigentlich gar kein Kinderspiel, dieses Kinderspiel, und ein recht anschauliches Bild dessen, was uns die beiden Koalitionsläufer mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen und Möglichkeiten in der nächsten Zeit vorturnen könnten.

Ganz schwierig ist für die Dreibeinläufer natürlich das Springen. Noch dazu wenn es einen Schiedsrichter gibt, der den Graben, der übersprungen werden soll, immer breiter gräbt, die Latte immer höher legt. Aber keine Angst, liebe und geplagte Regierungspolitiker in Österreich, nicht nur Euch stehen kurze Sprünge bevor, auch die nunmehr wieder großmächtigen Deutschen stehen vor einer Zeit der kleinen Schritte.

So groß die Vereinigungstorte auch war, die die Verantwortlichen durch die Gunst der geschichtlichen Stunde im letzten Jahr den verwöhnten Bundesbürgern servieren konnten, so klein werden ihre Brötchen sein, die die Deutschen nunmehr backen müssen. Allerorten nur noch kleine Schritte und kurze Sprünge? Gottseidank gibt es ja noch die Schispringer. Diesen wenigstens gelingen auch in diesen Tagen noch weite Sätze.

Aber auch wir unvereinigten Österreicher könnten mithalten. Und beim Finale in Salzburg haben wir ganz groß zugeschlagen. Manchmal muß man halt nach unten, wenn es besonders weit sein soll.

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