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IM WALDVIERTEL NICHT NUR BLASMUSIK

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Das Waldviertel: für die einen strukturschwache Grenzregion, für die anderen Zentrum magischer Plätze und alternativer Lebensart. Der wildromantische Traum vom Aussteigen, bei Schafzucht und Bio-Gemüse, führt viele ins Waldviertel. Manche nur in der Phantasie, manche tatsächlich. Die kühle, unfruchtbare Gegend im äußersten Norden Österreichs ist somit zum Mythos geworden für all jene, die einfach „anders" leben wollen.

Aber auch wenn man bereit ist, als Aussteiger auf städtischen Lebenskomfort zu verzichten, das Bedürfnis nach Kultur bleibt. Das Bedürfnis nach einer besonderen Kultur, die sich wesentlich von dem bestehenden Angebot örtlicher Trachtenvereine und Blasmusikkapellen unterscheidet. Was liegt also näher, als die so geschätzten Kabarettprogramme und Jazzkonzerte einfach „mitzunehmen" und ihnen im Waldviertel eine neue Heimat zu bieten.

Dazu kommt noch, daß viele von denen, die es ins Waldviertel zieht, künstlerisch tätig sind und sich mit dem B etreiben einer Galerie oder eines Kulturprojektes einfach ihren eigenen Arbeitsplatz schaffen wollen. Diese Gründe haben zu einer starken Vermehrung von alternativen Kulturprojekten geführt. Mittlerweile sei es zu einem richtigen Überangebot gekommen, meint die Künstlerin Ingrid Piringer.

Sie hat im April 1989 das Kreativ Forum Litschau gegründet und muß nun, kaum drei Jahre danach, feststellen, daß sich die meisten ihrer Ideen nicht verwirklichen lassen. „Es ist

mir bisher nicht gelungen, Litschau dafür zu begeistern", sagt sie, nicht ohne Resignation.

Selbst keine Waldviertlerin, hat sie versucht, der lokalen Kulturszene neue Nuancen hinzuzufügen, in Form von Balladen- oder Jazzabenden oder einer spanischen Fiesta. „Veranstaltungen, die sich deutlich von diesen Bierzeltfesten abgehoben haben", wie sie es formuliert. Der Anklang beim heimischen Publikum war eher mäßig, es war mehr eine Angelegenheit von Zuwanderern für Zuwanderer.

„Hahn zugedreht"

Es dauert eben seine Zeit, bis das Neue, das Fremde anerkannt ist, auch und gerade im Waldviertel. Diese Zeit hat aber Ingrid Piringer mit ihrer Initiative nicht mehr. Oder besser gesagt, das Geld, um diese Zeit zu überbrücken. „Im Vorjahr waren die Subventionen leicht zu kriegen", erklärt Piringer, „heuer wurde der Hahn zugedreht". Ihrer Meinung nach liegt das daran, daß die Gelder heuer hauptsächlich in prestigeträchtige Großprojekte ä la Donaufestival fließen.

Für Ingrid Piringer bedeutet das, daß sie sich nun wieder verstärkt ihrer Arbeit als bildende Künstlerin widmet sowie der Arbeit in ihrer Galerie. Diese wird übrigens auch von der einheimischen Bevölkerung geschätzt. Etwa 30 Künstler, großteils aus der Region Litschau, stellen dort Kunstwerke und Kunsthandwerk aus. Besonders wichtig dabei ist der Umweltschutzgedanke, so werden die Objekte teilweise aus Recyclingmaterialien gefertigt und ohne unnütze

Verpackung verkauft.

Veronika Schützenberger vom Wurzelhof in Langschlag (ungefähr eine Stunde von Litschau entfernt) hat ebenfalls gute Erfahrungen gemacht mit einem Angebot an heimischer, im Waldviertel gewachsener Kultur. Seit 1986 gibt es das Gast-und Seminarhaus Wurzelhof, in dem anfangs auch Musiker und Kabarettisten aus ganz Österreich und Deutschland auftraten. „Das war aber ein ziemlicher Frust", erzählt Veronika Schützenberger, „da müßten immer nur ganz bekannte Leute kommen, damit Besucher zu den Veranstaltungen gelockt wurden. Und so einen Betrieb aufrecht zu erhalten ver-

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