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Ist der ÖVP noch zu helfen?

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Fix ist, daß nichts fix ist. Die OVP irrt hilflos durch die Krise, die Zu- und Umstände sind chaotisch. Ein jämmerliches Bild. Stündlich ändert sich die Lage.

Was da an Unsinn verzapft und verbreitet wird, auch in der veröffentlichten Meinung, ist lachhaft. Kanzleramtsminister Heinrich Neisser soll, ist zu hören und zu lesen, Klubobmann werden? Daß er nicht im Nationalrat sitzt, also gar nicht dem Klub angehört, irritiert keinen Spekulanten. Landwirtschaftsminister Josef Riegler soll OVP-Obmann, Vizekanzler und Kanzleramtsminister werden? Wie ein dem Kanzler zugeordneter Minister Vizekanzler sein kann, hat verfassungsrechtlich nur noch keiner erklärt.

Doch soweit ist es noch gar nicht. Hingegen ist Wirtschaftsminister Robert Graf zurückgetreten, ohne daß er wirklich zurücktreten darf. Denn es wird gestritten, von wem der Nachfolger bestimmt werden kann. Ist es (noch) Alois Mock? Oder (schon) Josef Riegler? Oder schnapst gar das ÖVP-Wahlkomitee für den Bundesparteitag eine Entscheidung aus, für die es inkompetent ist?

Kleinigkeiten im Vergleich zur Hauptfrage: Wer wird am 19. und 20. Mai zum Obrtiann der Volkspartei gewählt?

Möglichkeit eins: Mock bleibt dabei und kandidiert. Riegler bleibt dabei und kandidiert nicht gegen Mock. Den „Königsmachern“ gelingt es nicht - und welche Konsequenzen zieht dann Josef Ratzenböck? -, einen Alternativkandidaten vorzuschlagen. Dann müßte Mock für seine vierte Wiederwahl eine Zweidrittelmehrheit erhalten. Erhält er sie, beginnt die nächste Obmanndiskussion am 21. Mai 1989. Erhält er sie aber nicht, steht die ÖVP ohne Obmann da. Der Parteitag endete im Tohuwabohu.

Möglichkeit zwei: Mock kandidiert, Riegler kandidiert - allen Erklärungen zum Trotz — dagegen, von der Wahlkommission, die sonst die Blamage hätte, weichgeklopft. Die Fronten sind verhärtet, Mock erreicht keine Zweidrittelmehrheit, Riegler keine Mehrheit. Auch diese Möglichkeit ist keine Unmöglichkeit, eine verrückte Situation.

Möglichkeit drei: Mock verzichtet — nur schaut es danach ganz und gar nicht aus. Damit spitzt es sich auf die erstgenannten Varianten zu.

Das Trauerspiel wird mit dem nächsten Akt fortgesetzt, die Rollen sind verteilt. Nur sollte sich auch keiner der „Reformer“ darauf etwas einbilden. Was hat denn die im Juni 1988 (!) eingesetzte Reformkommission mit Josef Krai- ner und Josef Ratzenböck zustande gebracht? Nichts. Wer ist zur inhaltlichen Reformsitzung am 10. April 1989 gekommen? Fast niemand. Und welche Führungsstärke haben die „Königsmacher“ denn bisher gezeigt? Keine. Eine klägliche Bilanz. Ist dieser Partei denn noch zu helfen?

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